Während Außenminister Szijjártó den Vorschlag Polens zur Beendigung des Konflikts in Weißrussland unterstützt, wirft ein liberaler Kommentator der Budapester Regierung vor, sie diene den geopolitischen Interessen Russlands. Seine regierungsnahe Kollegin dagegen weist den Vorwurf zurück und begrüßt den Pragmatismus der ungarischen Führung. Presseschau von budapost.de.
Auf 444 beschuldigt Márton Bede die Regierung, im Zusammenhang mit der Belarus-Krise den Interessen des Kreml zu dienen. Der liberale Kommentator erinnert daran, dass die meisten europäischen Länder, einschließlich der Visegrád-Staaten, Präsident Lukaschenka wegen Wahlmanipulation und Gewalteinsatz gegen friedliche Demonstranten der Demokratiebewegung umgehend verurteilt hätten. Ungarn hingegen habe bis zu einer kurzen Verlautbarung von Außenminister Szijjártó vom Montag geschwiegen. Laut dem Außenamtschef unterstützt Ungarn den Vorschlag Polens zur Lösung der Krise. (Polen fordert Neuwahlen für Weißrussland unter Aufsicht europäischer Beobachter. Zugleich bat Warschau die EU, an der Lösung der Krise aktiv mitzuwirken – Anm. d. Red.)
Für Bede kommt die Stellungnahme der ungarischen Regierung zu spät. Auch sei sie ausweichend. Der Kommentator erinnert daran, dass Ministerpräsident Orbán bei seinem Besuch in Minsk im Juni die Beziehungen der beiden Länder gelobt sowie Präsident Lukaschenka Ungarn als das EU-Mitgliedsland bezeichnet habe, das Belarus am nächsten stehe. Bede behauptet sogar, dass sich Ungarn wieder zu einer Marionette Moskaus entwickelt habe und „die ungarische Regierung nunmehr zur Achse Moskau-Minsk gehört“.
Mariann Őry weist liberale und linke Vorwürfe zurück, denen zufolge die ungarische Regierung verspätet gehandelt habe. Die regierungsfreundliche Kolumnistin der Tageszeitung Magyar Hírlap ist der Meinung, dass Außenminister Szijjártó mit seiner Unterstützung des polnischen Vorschlags zur Bewältigung der weißrussischen Krise ein sehr deutliches Zeichen gesetzt habe. In einer Nebenbemerkung konstatiert Őry, dass linke und liberale Rufe nach symbolischen Gesten im Namen von Demokratie und Menschenrechten bedeutungslose Winkelzüge seien, die keineswegs zur Lösung der Situation in Belarus beitragen würden. Auch dürften sich Sanktionen gegen Belarus, die von mehreren EU-Spitzenpolitikern befürwortet würden, ebenfalls als nutzlos erweisen, notiert Őry.
(Beitragsbild: MTI/EPA/Taccjana Zenkovics)