Angesichts der für kommendes Jahr geplanten Abschaffung der Einkommenssteuer für die Bevölkerungsgruppe der unter 25-Jährigen wirft ein linksorientierter Kommentator dem Ministerpräsidenten Zynismus vor. Ein konservativer Aktivist hingegen meint, dass die Steuerbefreiung sowohl der ungarischen Wirtschaft als auch der Roma-Minderheit zugute kommen werde.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat dieser Tage angekündigt, dass Ungarn im Alter von unter 25 Jahren ab 2022 keine Einkommenssteuer mehr werden zahlen müssen. Der Regierungschef erklärte, die Steuerbefreiung solle für Gehälter unterhalb des Durchschnittslohns gelten. Die jährlichen Kosten der Maßnahme würden sich auf 130 bis 150 Milliarden Forint (umgerechnet 365 bis 420 Millionen Euro bzw. etwa 0,3 Prozent des BIP) belaufen.
Zsolt Papp argwöhnt, dass sich der Fidesz mit der angekündigten Steuerbefreiung die Unterstützung junger Wählerschichten erkaufen wolle. In einem Kommentar für die linke Tageszeitung Népszava erinnert er daran, dass die Unterstützung der Regierungspartei bei jungen Wählern recht gering sei. Die Steuerbefreiung für unter 25-Jährige stelle nur eine weitere zynische Maßnahme ohne irgendeinen sozialen Nutzen dar. Laut Papp dürfte sie die Botschaft aussenden, dass junge Ungarn die Schule so schnell wie möglich abbrechen sollten. Das daraus resultierende weniger qualifizierte Arbeitskräftereservoire werde die Wettbewerbsfähigkeit der ungarischen Wirtschaft schwächen, befürchtet Papp.
Auf Mandiner begrüßt der konservative Roma-Aktivist István Forgács die Ankündigung des Ministerpräsidenten und behauptet, dass die Steuerbefreiung der ungarischen Wirtschaft und dabei insbesondere den Roma zugute kommen werde. Die steuerpolitische Maßnahme passe gut zur Strategie der Regierung, Arbeit zu schaffen anstatt Unterprivilegierte mit Sozialleistungen zu versorgen. Forgács weist die Vermutung zurück, die Steuerbefreiung werde junge Ungarn zum vorzeitigen Verlassen der Schule animieren. In diesem Zusammenhang verweist der Kommentator auf verschiedene von der Regierung geschaffene Anreize, damit junge Ungarn eine Berufsausbildung absolvieren. Überalterung und der Arbeitskräftemangel würden sich bald zu einer großen Herausforderung für die ungarische Wirtschaft entwickeln. Deshalb sei vernünftig, wenn die Regierung der jungen Generation, in der die Roma überrepräsentiert seien, einen Steuervorteil gewähre, notiert Forgács.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: screenshot)