Die Regierung hat bisher nur knapp auf den angeblichen „Pegasus“-Abhörskandal reagiert, der am Montag bekannt wurde. Der Außenminister habe „keine Informationen über illegale Datensammlung“, während Familienministerin Katalin Novák auf ein journalistische Frage mit einem kurzen Satz antwortete: „Wir befassen uns nicht mit Presseberichten.“ Laut der Justizministerin sei Ungarn ein Rechtsstaat, und auch der Innenminister spricht vom „rechtmäßigen Funktionieren des Staates.“
Justizministerin: „Es kommt nicht auf den Beruf oder die Parteizugehörigkeit an, ob jemand abgehört wird, sondern darauf, ob er eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung darstellt“
Erst am späten Nachmittag äußerte sich die Justizministerin Ungarns auf den angeblichen Abhörfall, der durch das investigative Portal Direkt36.hu veröffentlicht wurde. Laut Judit Varga kann eine Abhörung nur auf eine Art und Weise geschehen, die gesetzlich genau definiert ist und der Prüfung durch den nationalen Sicherheitsausschuss des Parlaments unterliegt.
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„Ungarn ist ein Rechtsstaat, und wie jeder anständige Staat verfügt es im 21. Jahrhundert über die technischen Mittel, um seine Aufgaben im Bereich der nationalen Sicherheit zu erfüllen“ – so begann Justizministerin Judit Varga ihre Antwort in Brüssel, als der Fall Pegasus auf einer Pressekonferenz von ungarischen Journalisten angesprochen wurde.
Auf die Frage von Népszava, ob sie die Erlaubnis gegeben habe, Journalisten oder andere (Geschäftsleute, Politiker etc.) abzuhören, sagte die Ministerin, dass
die Tätigkeit der Geheimdienste in Ungarn eine professionelle Aufgabe ist, völlig unabhängig von der Politik, und diese Entscheidungen sollten niemals auf der Grundlage der Parteizugehörigkeit oder des Berufs beurteilt werden, sondern auf der Grundlage der jeweiligen Tätigkeit.
Sie fügte hinzu, dass laut dem Gesetz bei der Entscheidung über die Genehmigung der Überwachung berücksichtigt werden muss, ob ungarische nationale Sicherheitsinteressen, d.h. die Untergrabung der ungarischen Verfassungsordnung, oder der Verdacht auf ausländische Geheimdienste vorliegen.
Es wäre ein ernstes Problem, wenn wir diese Mittel nicht hätten, aber sie werden auf rechtmäßige Weise verwendet
„Mir liegen keine Informationen über diese angebliche oder erfundene Datensammlung vor“, dies sagte schon Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó auf eine Frage des liberalen Nachrichtenportals Telex.
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Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den V4-Außenministern in Komárom erklärte Szijjártó, dass er vom Leiter des Informationsbüros, dem einzigen Nachrichtendienst, dem er vorsteht, informiert worden sei, dass man in dieser Frage keine Zusammenarbeit mit irgendeinem Geheimdienst betrieben habe.
Telex fragte auch, ob eine andere Regierungsbehörde Pegasus benutzte, ob das Thema bei der nächsten Sitzung der Regierungsbeamten besprochen wird und, ob Szijjártó Premier Orbán zu diesem Thema befragen wird. In seiner Antwort sagte der Außenminister, dass er im Namen der Regierung spreche, wenn er sagt, dass er keine Kenntnis von einer solchen Datensammlung habe.
Innenminister: „Die ungarischen nationalen Sicherheitsdienste haben keine illegale Überwachung durchgeführt“
„Seit dem 29. Mai 2010 (Machtantritt der Orbán-Regierung) haben die ungarischen nationalen Sicherheitsdienste keine illegale Überwachung durchgeführt und tun dies auch heute nicht“ sagte Innenminister Sándor Pintér als Antwort auf eine schriftliche Anfrage der unabhängigen Abgeordneten Bernadett Szél: „Wer hat die israelische Spionagesoftware gekauft und welche Innen- oder nationalen Sicherheitsdienste waren an der illegalen Überwachung beteiligt?“ In seiner Antwort, fügte der Minister hinzu, dass dies durch die Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen bestätigt wurde.
Laut Sándor Pintér ist „Ungarn ein demokratischer Rechtsstaat“ und hat als solcher immer in Übereinstimmung mit dem für alle Personen geltenden Recht gehandelt und wird dies auch weiterhin tun.
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Fidesz: Sondersitzung des Nationalen Sicherheitskomitees sei „ungerechtfertigt“
„Die in den linken Medien verbreiteten Nachrichten sind unbegründet und dienen nur dazu, politischen Aufruhr zu verursachen, deshalb ist es ungerechtfertigt, eine Sitzung des Nationalen Sicherheitskomitees zu fordern“ schrieb Regierungspartei Fidesz in einer Erklärung. Man betont in dem Schreiben, dass die ungarischen Sicherheitsbehörden in Übereinstimmung mit dem Gesetz handeln und die Partei weiterhin ihre volle Zusammenarbeit beim Schutz der Sicherheit und der rechtlichen Interessen Ungarns fordert.
Auch Familienministerin Katalin Novák erhielt bei einer Pressekonferenz (bei der Erörterung der Maßnahmen der Regierung in den Bereichen Infektionskrankheiten, Wirtschaft und Kultur) eine Frage zu dem Skandal. Sie sagte:
Wir beschäftigen uns nicht mit Pressemitteilungen
Hier können Sie den Artikel von Direkt36 auf Englisch nachlesen.
(Titelbild: Facebook Seite von Judit Varga)