Vor dem Hintergrund des Vorwurfs, die Regierung verwende Spionagesoftware, um Oppositionelle zu überwachen, vergleicht ein linker Kommentator Ministerpräsident Viktor Orbán mit östlichen Diktatoren. Regierungsnahe Kommentatoren sind skeptisch und bezweifeln, dass die Regierung ihre Kritiker illegal abgehört hat.
Einem Bericht des investigativen Online-Portals Direkt36 zufolge wurden 300 ungarische Mobiltelefone gehackt und von der israelischen NSO-Spionagesoftware Pegasus überwacht. Laut einem weltweiten Investigativ-Bericht – erstellt von 17 internationalen Tageszeitungen, darunter die Washington Post, der Guardian, die Süddeutsche Zeitung und Le Monde – sind sowohl Oppositionspolitiker als auch linke Journalisten sowie NGO-Aktivisten ins Visier der Spionagesoftware geraten. Unter Verweis darauf, dass die Firma NSO ihre Dienste nur an staatliche Akteure verkauft, behauptet Direkt36, dass die ungarische Regierung Pegasus zur Überwachung ihrer Kritiker einsetze. Die Regierung reagierte mit einem Dementi und fügte hinzu, dass sie im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften handele und sich an rechtsstaatliche Normen halte.
In einem Beitrag für Városi Kurír zeigt sich György Gábor überhaupt nicht überrascht, dass die Regierung im Verdacht stehe, ihre Kritiker heimlich auszuspionieren. Der linke Publizist erinnert daran, dass Ministerpräsident Orbán Anfang Juli von der Organisation Reporter ohne Grenzen als Gefahr für die Medienfreiheit bezeichnet worden sei (siehe BudaPost vom 10. Juli). Die Verwendung der Pegasus-Spionagesoftware zum Abhören der Bürger stelle einen weiteren Beweis dafür dar, dass die Regierung von Ministerpräsident Orbán eine vollwertige Diktatur sei, schlussfolgert Gábor.
In einem kurzen Facebook-Kommentar behauptet Dániel Deák, der gemeinsame Bericht über die Pegasus-Software sei das Resultat einer koordinierten Anstrengung des „Soros-Netzwerks“. Der regierungsfreundliche Kommentator ist der Meinung, dass sowohl linksorientiert globale Medien als auch Oppositionspolitiker eng zusammenarbeiten würden, um ihre Ziele zu erreichen.
Auf Mandiner spielt Zoltán Veczán die Bedeutung des Spyware-Skandals herunter. Der regierungsnahe Journalist geht davon aus, dass im Zeitalter der modernen Technik jeder ständig von mobilen Anwendungen und Internetgiganten überwacht werde. Jede Regierung spioniere ihre Bürger aus. Der Autor vermutet, dass sogar er als kleiner Oppositionsjournalist von den sozialistisch-liberalen Regierungen vor 2010 abgehört worden sei. Allerdings räumt Vecán auch ein, dass das Ausspionieren von Individuen eine unangenehme Praxis darstelle, und der Pagasus-Skandal, unabhängig davon, ob er untermauert werde, eine gute Gelegenheit für eine öffentliche Diskussion über die Privatsphäre in modernen demokratischen Gesellschaften sein könnte.
(Titelbild: MTI – Szilárd Koszticsák)