Im Verfahren gegen Ungarn geht es um das Asylrecht. 2018 hatte das Land spezielle Vorschriften gegen Asylbewerber und Flüchtlingshelfer erlassen, die unter dem Namen "Stop Soros" Gesetz bekannt worden. Weiterlesen
Mit einem am Dienstag verkündeten Urteil verteidigten die Luxemburger Richter zudem das Recht nationaler Gerichte, die obersten EU-Richter mit Vorlagefragen anzurufen. Eine Regelung in Ungarn, wonach eine solche Vorlage zu einem Disziplinarverfahren führen kann, sei damit nicht vereinbar.
Das Recht der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu wenden, steht über den Gesetzen der Mitgliedstaaten. Daher haben die Gerichte das Recht, alle Entscheidungen zu ignorieren die ihnen verbieten, sich an den EuGH zu wenden.
Mit dieser Entscheidung wurde ein Fall aus dem Jahr 2015 abgeschlossen, in dem sich ein Budapester Gericht an den EuGH gewandt hatte, um zu klären, ob die ungarischen Praktiken beim Dolmetschen und Übersetzen in Rechtsangelegenheiten mit den EU-Vorschriften vereinbar sind. Das oberste ungarische Gericht, die Kurie, erklärte das Ersuchen für unrechtmäßig, da es in keinem direkten Zusammenhang mit dem Fall stand, in dem ein schwedischer Staatsangehöriger wegen illegalen Waffengebrauchs angeklagt war. Die Qualität der schwedisch-ungarischen Verdolmetschung vor dem Gericht wurde in Frage gestellt, was Zweifel daran aufkommen ließ, ob das Recht des Angeklagten auf Verdolmetschung und Information erfüllt wurde.
Der Richter rügt, dass es in Ungarn keine staatliche Anerkennung für Dolmetscher gibt und er daher nicht prüfen kann, ob der Schwede und der Dolmetscher sich überhaupt verstehen. Beim EuGH fragte er an, ob dies mit EU-Recht vereinbar ist und ob das Verfahren gegebenenfalls ohne den Angeklagten fortgeführt werden kann.
Auf Antrag des Generalstaatsanwalts verwarf der Oberste Gerichtshof diese Vorlage als rechtswidrig und leitete ein Disziplinarverfahren gegen den Richter ein. Dieser legte daraufhin nach und fragte zudem beim EuGH zur Vereinbarkeit dieses Disziplinarverfahrens mit der richterlichen Unabhängigkeit an.
Der EuGH erklärte auch das Disziplinarverfahren gegen den betreffenden ungarischen Richter für rechtswidrig. „Ein solches Verfahren ist geeignet, alle nationalen Gerichte davon abzuhalten, Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, was die einheitliche Anwendung des EU-Rechts gefährden könnte“, heißt es in dem Urteil.
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