Es ist selten, dass so viele ungarische Elemente in einem einzigen Gericht zu finden sind. Diese habhafte Kreatur, die aus irgendeinem seltsamen Grund als Vorspeise gilt, ist unglaublich lecker.Weiterlesen
Die Geschichte des berühmtesten Restaurants des Landes begann in den 1860-er Jahren, als zusammen mit dem Bau des Zoos auch ein Restaurant im Stadtwäldchen errichtet wurde. Den Betrieb übernahm zuerst János Kelemens, dann, im Jahr 1889, Ferenc Wampetich, der an der Stelle des alten Wirtshauses das noch heute existierende Gebäude errichtete. Wampetich baute das Wirtshaus zu den Millenniumsfeierlichkeiten 1896 mit Ervin Bauer um. Der Name Wampetich wurde in Pest bald schon zu einem Begriff und zu einem der beliebtesten Orte zum Essen, es wird sogar in einem Orpheum-Lied erwähnt. Autoren, Politiker, Künstler und ihre Gäste besuchten das Restaurant. Wampetichs Sohn starb in jungen Jahren und Wampetich selbst konnte im hohen Alter das Restaurant nicht mehr modernisieren und so übernahm der mit 13 Jahren aus Bayern hergezogene Károly Gundel im Jahr 1910 den Betrieb des schon damals legendären Restaurants, dem er später seinen Namen gab.
Károly Gundel hatte einen unübertroffenen Sinn für Gastfreundschaft und behandelte alle seine Gäste so, als ob sie nur zu Besuch gekommen wären.
Das Restaurant übertraf schon bald auch seinen Vorgänger, denn Gundel fing an solche Speisen einzuführen, die bis heute die Grundsteine der ungarischen Küche bilden
Den Gundel Pfannkuchen hat jeder sofort im Kopf, aber wenige wissen, dass wir ihm auch anderes zu verdanken haben, wie die Einführung des Schnitzels in Ungarn, das Paprikahuhn oder auch den „Repräsentanten Donut“ („képviselőfánk), so ziemlich jeden ungarischen Schlager. Im Gundel wurde auch zum ersten Mal der Gurkensalat serviert, was damals als echtes Luxusgut galt, da die Gurke hierzulande nicht verbreitet war. Hier wurden die „Somlói galuska“ (Schomlauer Nockerln), das „Rákóczi túrós“ (Rákóczi Quarkschnitte) und die „Palóc leves“ (Suppe nach Paloczenart) geboren, sogar die Gulaschsuppe wurde durch Gundel weit verbreitet.
Neben dem Betrieb des erfolgreichen Restaurants übernahm Gundel auch den Betrieb der Restaurants des ebenfalls legendären Gellért Hotels und des Royal Hotels. Im Jahr 1939 war Gundels Name die Nummer eins in der ungarischen Gastwirtschaft.
Auf der New Yorker Weltausstellung 1939 betrieb er auch das Restaurant des ungarischen Pavillons. Er beharrte auf heimische Grundzutaten, sodass er ein Jahr vor der Weltausstellung Samen zum Anbau mit einem Schiff nach Amerika schickte und New Yorker Farmer die ungarischen Tomaten, Paprika und anderes Gemüse züchteten.
Auf Fotos von der Zeit ist zu sehen, dass die Menschen auf der Treppe zwischen dem Restaurant im Obergeschoss und dem Pavillon standen, um zum Gundel zu gelangen.
Im Jahr 1949 wurde auch das Gundel verstaatlicht und für kurze Zeit in „Restaurant 1. Mai“ unbenannt.
Die vergangenen Jahre waren aber nicht verloren, denn selbst den gleichgültigen kommunistischen Führern war klar, dass das Gundel ein Gundel bleiben muss, somit bekam es bald seinen Namen zurück. Glücklicherweise konnte es eine Weile lang auch während der nationalen Ausmerzung der Gastronomie seine Qualität beibehalten, da Elek Réhberger bis 1957 weiterhin als Küchenchef fungierte, und so das Erbe der Gundel „Familie” im Restaurant weiterführte. Der Gulaschkommunismus erreichte jedoch auch das Gundel und mit der Einführung der obligatorischen Betriebskantinen verschlechterte sich die Qualität rapide.Mit dem Regimewechsel suchte das Restaurant mit wechselnden Besitzern nach seinem Platz, doch scheint es diesen erst jetzt gefunden zu haben.
Wegen COVID wurde letztes Jahr auch das Gundel geschlossen, aber das bedeutete ihn wie ein Fegefeuer auch einen neuen Anfang. Den Betrieb übernahm die Eventrend Group und die Chefstelle bekam Viktor Moldován, der seine Ausbildung im Gundel erhielt und der mit Hilfe des corporate chef Anrdrás Wolf den alten Glanz des Gundels wiederherstellte.
Sie wollten diese legendären Speisen, die von hier aus auf ihren Eroberungsweg gingen, nicht „neu erfinden“, sondern überdenken. Nur die legendären Gerichte wurden in das Menü wieder aufgenommen, und nichts anderes. Paprikahuhn, Palóc-Suppe, Wienerschnitzel und ihre Freunde stehen auf der Speisekarte wie in jeder ungarischen Küche, aber diesmal in anständigen Portionen und wunderschön serviert. Eine kleine Änderung war jedoch notwendig, da Dinge, die vor 100 Jahren von höchstem Standard waren, es heute vielleicht nicht mehr sind.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Gundel-Pfannkuchen selbst, dem endlich seine bittere, minderwertige aus Kakaopulver hergestellte Schokoladensoße abgelegt wurde. Die neue Version ist ein solid-nussiges und wirklich schokoladiges Dessert aus hervorragenden Zutaten, das Károly Gundel stolz machen würde. Im Paprikahuhn treffen beide Zeitalter aufeinander, denn ein Huhn wird nach alter Schule praktisch gekocht vorbereitet (die alte Schule der Zubereitung vergaß das Braten selbst), während heutzutage das Huhn gebraten wird, so dass es saftig bleibt (aber nicht roh).
Die Inneneinrichtung wurde auch erneuert, ich würde es aber nicht als modern bezeichnen. Es ist eine Mischung aus zeitgenössischem Flair mit einem Hauch von Gatsby-Luxus, Pfauenblau und vergoldeten Oberflächen. In der Mitte des Restaurants steht ein Fiaker, und manchmal spielen hier Zigeunermusiker legendäre Zigeuner-Melodien, wie einst in den Cafés, aber anders als damals und zum ersten Mal in der Geschichte auch mit weiblichen Zigeunermusikern.
Der Name Gundel hat im Laufe der Jahre viel Positives und Negatives erfahren müssen. Aus unserer Sicht vor allem Negatives, da unsere Generation den früheren Ruhm nicht mehr erlebt hat. Es gab Jahre, in denen das Gundel den Weg des „teuren Mittelmaßes“ ging. Es wird einige Zeit dauern, sich davon zu befreien, aber ich bin mir sicher, dass, wenn ich nach meinen jetzigen Erfahrungen einem ausländischen Freund ein Restaurant empfehlen kann, es das Gundel sein wird. Dann kann es wieder in seinem alten Glanz erstrahlen, mit seinen großartigen klassischen Gerichten und unter Berücksichtigung der legendären Einstellung von Károly Gundel unter anderem zu den Preisen: „Wir sind nicht billig, aber jeder findet etwas nach seinem Geschmack „.
(geschrieben von Adrienn Vass, übersetzt von Eszter Grifatong, Titelbild: Péter Csákvári)