"Ein Europa ohne Ungarn wäre ein Torso; Ungarn braucht Europa, aber Europa braucht auch Ungarn" erklärte Bundeskanzler Helmuth Kohl bei der Unterzeichnung. Weiterlesen
„Es gibt unterschiedliche Visionen für die Zukunft Europas, was an sich kein Problem ist; die Frage ist, ob sich das geschriebene Recht durchsetzen wird“ sagte der ungarische Kanzleramtsminister am Montag in seiner Rede anlässlich der Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des ungarisch-deutschen Freundschaftsvertrags. Laut Gulyás ist Ungarn das Land, das sich in der EU am stärksten für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzt. Bei der Veranstaltung, die vom Deutsch-Ungarischen Institut am Mathias Corvinus Collegium, der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn sowie dem Budapester Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert wurde, hielt auch Matthias Rößler, der Sächsische Landtagspräsident eine Festrede ab und sagte: „Dialog und Kooperation auf Augenhöhe stehen bei uns an vorderster Stelle, in guten wie in schlechten Zeiten“.
Eine gemeinsame Zukunft Europas kann nur unter Einhaltung des Grundsatzes „Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten“ gebaut werden. Entgegen den gesellschaftlichen Unterschieden zwischen Deutschland und Ungarn, an denen man nichts Wesentliches ändern könne, pflegen die beiden Völker eine tiefe Sympathie füreinander, meinte Kanzleramtsminister Gergely Gulyás in seiner Festrede im Budapester Nationalmuseum. Ungarn sei das Land in der EU, so der Minister, das sich am stärksten für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit einsetze, sagte er und wies darauf hin, dass der amtierende Ministerpräsident, der Präsident und der Parlamentspräsident während der kommunistischen Herrschaft für diese Werte gekämpft hätten. „Deshalb sind wir nicht bereit, uns in dieser Frage belehren zu lassen“, fügte er hinzu. Er erklärte: „Deutschland ist ein großes und vielfältiges Land und es gibt einen besorgniserregenden Mangel an Vielfalt in der deutschen Presse“. Er erinnerte daran, dass die deutsche Nachrichtenagentur dpa vor zwei Tagen die Worte des ungarischen Premierministers „verfälscht“ habe.
Laut Gulyás hätten EU-Mitgliedsstaaten die Ambitionen, Regeln zu ändern, die über die europäischen Grundverträge hinausgingen, er betonte, es sei wichtig, dass sich alle an die EU-Verträge halten, die sie unterzeichnet haben. „Jede Abweichung davon erfordere eine Änderung der Verträge“ sagte er.
Gulyás fügte hinzu, „wenn wir uns darauf einigen, können wir nicht in große Schwierigkeiten geraten“, denn „entweder wir erzielen eine Einigung oder der derzeitige Rahmen bleibt bestehen“. Die durch den Vertrag von Lissabon geschaffene verstärkte Zusammenarbeit werde zunehmen, sagte er, und nannte dabei unter anderem die Euro- und Schengenzone als Beispiele.
Gulyás sagte jedoch, dass die EU-Mitgliedstaaten „unterschiedliche Gesellschaften haben … eine Tatsache, die wir nicht ändern können und wollen“. Mit der Sozialpolitik der kürzlich gewählten deutschen Regierung könnte man in Mitteleuropa vielleicht nicht ins Parlament kommen“. Die ungarische Regierung „würde sich niemals anmaßen, sich die deutsche Sozialpolitik vorzustellen … und wir hoffen, dass nicht andere unsere Politik anstelle der ungarischen Regierung machen wollen“, sagte er.
Unter Bezugnahme auf den deutsch-ungarischen Freundschaftsvertrag sagte er, dass dieser schon länger in Kraft sei als die Berliner Mauer stehe. In dieser Zeit hätten die beiden Länder beeindruckende Fortschritte gemacht und verwies auf die Tatsache, dass ihre Volkswirtschaften erheblich zusammengewachsen seien. So habe Deutschland beispielsweise doppelt so viel Außenhandel mit den Visegrád-Ländern wie zum Beispiel mit Frankreich.
In Bezug auf die kulturellen Beziehungen wies Gulyás darauf hin, dass Ungarn das einzige nicht-deutschsprachige Land sei, in dem deutschsprachige Bildung vom Kindergarten bis zur Universität möglich sei.
Matthias Rössler, Sächsische Landtagspräsident sagte dazu: Er erinnerte an seine persönlichen Erfahrungen mit Ungarn sowie an Teile der ungarischen Geschichte und die Schaffung der deutschen Einheit und sagte, 1989 sei eine „Revolution der Freiheit in Mitteleuropa“ gewesen und die Deutschen würden nie vergessen, dass die Ungarn das erste Loch in den Eisernen Vorhang gerissen haben. Er lobte nicht nur die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen, sondern sagte auch, dass die Nationen und Regionen die politische Heimat der Bürger in Europa seien.
Mitteleuropäer, einschließlich der Sachsen, gewinnen in der EU zunehmend an Bedeutung. Die Länder Mitteleuropas sind der lebendige Kern der EU und sie müssen sich dieser Stärke bewusst sein, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern.
Er schloss seine Rede mit dem Wunsch, dass der deutsch-ungarische Freundschaftsvertrag ewig halten und von allen Seiten mit Leben gefüllt werden möge.
Der deutsche Botschafter in Ungarn Johannes Haindl, lobte in einer Botschaft die kulturelle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Gleichzeitig betonte er, dass sich „politische Differenzen in bestimmten Bereichen zu ideologischen Kulturkriegen entwickelt haben“. Der Vertrag von Lissabon stelle sicher, dass die nationalen Werte erhalten blieben und nicht bedroht würden, sagte er. „Deutschland setzt weiterhin auf Partnerschaft, Dialog und Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, sagte er.
(Via: Budapester Zeitung, mti.hu, Titelbild: MTI/Máthé Zoltán)