Viele Menschen beginnen, ihre Forint abzustoßen, für Reisepässe Schlange zu stehen und Jodtabletten zu horten.Weiterlesen
Es gibt immer wieder Berichte, wonach die russischen Streitkräfte, die die Ukraine angreifen, die Einnahme strategischer Kernkraftwerke planen oder schon eingenommen haben. Das stillgelegte Kernkraftwerk Tschernobyl und eines der größten der Welt, Saporischschja, sind schon unter russicher Kontrolle. Auch die Internationale Atomenergiebehörde hat ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht. Kürzlich sagte der ungarische Experte Attila Aszódi: In Ungarn braucht man im Falle eines Angriffs auf kerntechnische Anlagen keine Katastrophe zu befürchten.
Wie wir bereits berichteten, kam es in den letzten Tagen in Ungarn zu Panikkäufen von Jodtabletten (aber das ist nicht nur ein ungarisches Phänomen). Im Falle eines nuklearen Strahlenangriffs kann eine zusätzliche Jodzufuhr vor den schädlichen Auswirkungen der Strahlung schützen. Schon damals wiesen alle pharmazeutischen Experten darauf hin, dass die unkontrollierte Einnahme von Jodtabletten nicht nur unnötig, sondern auch schädlich sei.
Nach Ansicht von Nuklearexperten ist eine Katastrophe in Ungarn auch dann nicht zu befürchten, wenn ein Kernkraftwerk in der Ukraine angegriffen wird. Das behauptet zumindest Attila Aszódi, ehemaliger Staatssekretär und Professor an der Technischen Universität Budapest. „Ein Unfall in einem Kernkraftwerk in der Ukraine hätte mit Sicherheit begrenzte Auswirkungen auf Ungarn, die Radioaktivität wäre zwar messbar, aber es gäbe keine gesundheitlichen Folgen für die ungarische Bevölkerung. Die aus gesundheitlicher Sicht tatsächlich relevanten Auswirkungen würden in einem Radius von einigen 10 Kilometern um die Kraftwerke bleiben, die Strahlung könnte sich weiter ausbreiten, aber in einer so geringen Konzentration, dass es in Ungarn keine gesundheitlichen Folgen gäbe“, sagte Attila Aszódi auf die Anfrage von Info Radio.
Der Professor wies auch darauf hin, dass sich die in der Ukraine betriebenen Reaktoren deutlich von den Tschernobyl-Reaktoren unterscheiden. Die dort eingesetzte Technologie war eine andere, es gab sogenannte „wassergekühlte Schnellkühlreaktoren“ die nicht mehr in Betrieb sind.
Sie enthalten kein Graphit und können nicht die Art von Reaktorschmelze verursachen, die 1986 in Tschernobyl zur Explosion führte
Dies ist wichtig, da ein wesentlicher Faktor für die große Freisetzung von radioaktiven „Wolken“ in Tschernobyl darin bestand, dass sich nach der Explosion des Reaktors der Graphit entzündete und etwa 10 Tage lang hohe Temperaturen freigesetzt wurden, so dass die radioaktive Luft in die Hochatmosphäre aufsteigen und sich über die gesamte nördliche Hemisphäre ausbreiten konnte.
Kernkrftwerke in der Ukraine, Quelle: MTI
Sollte es in der Ukraine zu einem nuklearen Unfall kommen, könnte das ungarische Messsystem wahrscheinlich einen Teil der Strahlung detektieren, aber es gäbe keine gesundheitlichen Folgen für die ungarische Bevölkerung, so der Experte.
Dennoch ist Ungarn auf einen nuklearen Unfall vorbereitet und verfügt über ein eigenes Reaktionssystem für nukleare Unfälle
Der Experte betonte auch:
Es können keine radioaktive Strahlungen aus der Ukraine nach Ungarn gelangen, die z. B. die Einnahme von Jodtabletten erfordern würden, aber das ungarische Notfallsystem ist auch darauf vorbereitet, solche Tabletten bei Bedarf zu verteilen und die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren
Er wies auch darauf hin, dass die Jodtabletten, von denen in den Nachrichten die Rede ist, kein Mittel gegen Strahlung sind, sondern nur im Falle einer Freisetzung großer Mengen des Isotops Jod-131 eingesetzt werden, bevor das radioaktive Jod auf den betroffenen Teil der Bevölkerung trifft, und dass die Verabreichung von inaktivem Jod die Schilddrüse sättigt und somit verhindert, dass das radioaktive Jod in die Schilddrüse aufgenommen wird. Doch kann es bei einer nicht fachgerechten Dosierung zu Vergiftungen oder sogar zu Krebs führen.
Tschernobyl und Saporischschja schon von den Russen besetzt
Erst vor wenigen Tagen haben die ukrainischen Behörden ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Radioaktivität im ehemaligen Kernkraftwerk Tschernobyl nicht mehr gemessen werden kann, seit es vom russischen Militär übernommen wurde. Es bestehe die Gefahr, dass radioaktives Material in die Umwelt freigesetzt werde, da die Stromzufuhr zum Kraftwerk unterbrochen worden sei und die abgebrannten Brennelemente nicht gekühlt werden könnten.
In einer Erklärung vom Mittwoch erklärte der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko außerdem, dass er auch nichts über die Situation im Kernkraftwerk Saporischschja wisse, das ebenfalls unter der Kontrolle der russischen Armee steht und in dem 400 russische Soldaten kampieren.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) erklärte noch am Dienstag, dass das ehemalige Kernkraftwerk Tschernobyl unter der Kontrolle des russischen Militärs immer mehr von der Außenwelt isoliert wird. Rund 210 Techniker und örtliche Sicherheitskräfte sind seit fast zwei Wochen in der Anlage im Einsatz, weil es unter russischer Kontrolle keinen Schichtwechsel gab. Sie haben Wasser und Nahrung, aber ihre Situation verschlechtert sich ständig. Außerdem hat die IAEO keinen Kontakt mehr zu den Überwachungsgeräten der Anlage, die sicherstellen, dass das gesamte Kernmaterial an seinem Platz bleibt. In Tschernobyl, dem Ort der Kernschmelze von 1986, die die Welt erschütterte, lagern noch immer radioaktive Abfälle.
Sie haben außerdem alle Kontakte zu dem AKW Saporischschja verloren, das ist das größte Kernkraftwerk Europas. Ohne Verbindung können die IAEA-Inspektoren den Zustand und Verbleib des Kernmaterials nicht überwachen.
(Via: infostart.hu, portfolio.hu, Titelbild: Kernkraftwerk in Tschernobyl Via: Pixabay)