Auf einem deutsch-ungarischen Wirtschaftsforum in Berlin wurde auch Kritik von deutscher Seite geäußertWeiterlesen
Die gemeinsame deutsch-ungarische wirtschaftliche Erfolgsgeschichte sei in Gefahr, sagte der Chef des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, eines Zusammenschlusses deutscher Wirtschaftsakteure auf den osteuropäischen Märkten, am Montag in Berlin auf einem deutsch-ungarischen Wirtschaftsforum anlässlich des Besuchs von Ministerpräsident Viktor Orbán in Berlin.
In seiner Rede auf dem Forum, an dem auch der Premierminister teilnahm, betonte Philipp Haußmann, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern von einer starken Partnerschaft zum gegenseitigen Nutzen geprägt seien und dass es „gut und wichtig“ sei, dass sich die ungarische Wirtschaft verändere, wie die erheblichen Investitionen in Elektromobilität, autonomes Fahren und andere neue Technologien zeigten.
Er gab jedoch zu bedenken, dass deutsche Unternehmen, die in Ungarn in einigen von der Regierung als strategisch eingestuften Sektoren tätig sind, mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Zu diesen Sektoren gehören Telekommunikation, Baumaterialien, Abfallverarbeitung, Bank- und Versicherungsdienstleistungen und neuerdings auch der Einzelhandel.
In diesen Sektoren möchte die Regierung die Entstehung von „nationalen Champions“ – Unternehmen in ungarischem Besitz, die auf ihren Märkten am stärksten sind – anstreben, was ein legitimes Ziel ist. Eine wachsende Zahl der betroffenen deutschen Unternehmen habe jedoch den „begründeten Verdacht“, dass sie „nicht willkommen“ seien, sagte er.
Zu ihren Schwierigkeiten gehören branchenspezifische Sondersteuern, und sie sind der Meinung, dass die Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen und die Vergabe öffentlicher Aufträge undurchsichtig sind und dass sie keinen „fairen Zugang zur Justiz“ haben,
fügte er hinzu.
All dies führe zu Verunsicherung und gefährde die deutsch-ungarische „gemeinsame Erfolgsgeschichte“, sagte Philipp Haußmann und betonte, dass eine liberale Wirtschaftsordnung und das Engagement deutscher Unternehmen von Investitionssicherheit, fairem öffentlichen Auftragswesen und rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen abhängig seien.
Er sagte auch, dass die deutschen Wirtschaftsakteure eine rasche Einigung über die EU-Subventionen wünschen. Er betonte auch, dass die deutsche Wirtschaft Sanktionen gegen Russland wegen seines Krieges gegen die Ukraine bedingungslos unterstützt.
In einem Tweet sagte Viktor Orbán, dass er die Vertreter der in Ungarn tätigen deutschen Unternehmen von seiner Unterstützung versichert habe.
„Wir mögen von Zeit zu Zeit Meinungsverschiedenheiten haben, aber nicht so viele wie mit ihrer eigenen Regierung zu Hause.“
Had a meeting today with the representatives of German companies active in Hungary. I assured them that they can count on our support. We may have disagreements from time to time, but not as many as they have with their own government back home. pic.twitter.com/7zpDYsAK5w
— Orbán Viktor (@PM_ViktorOrban) October 10, 2022
Auf dem Wirtschaftsforum hob Orbán die Vorhersagbarkeit der ungarischen Wirtschaftspolitik hervor und betonte, dass seine Regierung bereits Vereinbarungen mit großen deutschen Unternehmen in den Bereichen Telekommunikation, Digitalisierung und Umstellung auf grüne Energie getroffen habe.
Die bedingungslose Unterstützung der Sanktionen gegen Russland wird durch die Tatsache relativiert, dass der Ost-Ausschuss derzeit eine Umfrage zur Wirkung der Sanktionen bei seinen Mitgliedern durchführt, die noch gar nicht ausgewertet werden konnte, da sie erst am Mittwoch endet.
📝Umfrage zur Wirkung der #Sanktionen
👉https://t.co/DAWIXMFDy3
💡Teilnahme bis 12. Oktober 2022! #DeutscheWirtschaft #Russland #Ukraine pic.twitter.com/MO6ur7pZqB— Ost-Ausschuss (@OstAusschuss) October 6, 2022
Die Klagen über Unzulänglichkeiten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und mangelhafte rechtsstaatliche Rahmenbedingungen hören sich wie ein Widerhall des jüngsten Berichts des Europaparlaments an, seltsam genug von Seiten eines Wirtschaft-Lobbyisten, der nicht die Interessen einer Regierung, sondern diejenige der deutschen Unternehmer in Osteuropa vertritt. Auf die Ergebnisse der Umfrage darf man jedenfalls neugierig sein.
Via MTI Beitragsbild: Philipp Haußmann, Deutsche Botschaft Warschau Facebook, Viktor Orbán Facebook