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Interview mit Alfons Dintner, Vorsitzender des Vorstands Audi Hungaria

Dániel Deme 2023.07.29.

Vorstandsvorsitzender der Audi Hungaria Győr Alfons Dintner

Der Vorstandsvorsitzende der AUDI HUNGARIA Zrt., Alfons Dintner, hat sich freundlicherweise bereit erklärt, Ungarn Heute ein Exklusivinterview zu geben, in dem er den tiefgreifenden Wandel beschreibt, den das altehrwürdige Automobilunternehmen derzeit durchläuft. Wir haben den Chef des Industriekomplexes in Győr gebeten, sich zu Themen wie dem Übergang zu Elektrofahrzeugen, dem wirtschaftlichen Umfeld in Ungarn oder der Entwicklung künftiger Führungskräfte des Unternehmens aus dem Kreis ungarischer Talente zu äußern.


 – Die Autoindustrie befindet sich in einem nie dagewesenen Wandel. Es gibt ein spürbares Spannungsverhältnis zwischen der Nachfrage der Verbraucher und den Grundsätzen der sogenannten grünen Transformation. Was ist die Vision von Audi in dieser Hinsicht, wie würde das Unternehmen die heutigen Marktanforderungen mit unserer Verantwortung für die Zukunft in Einklang bringen?

Wir sind davon überzeugt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. In diesem Sinne haben wir ESG (Environment, Social, Governance) zu einem der zentralen Elemente unserer neuen Next-Level-Strategie gemacht. Unser Unternehmen ist seit 2020 bilanziell CO2 neutral und wir arbeiten permanent daran, den ökologischen Fußabdruck unserer Aktivitäten kontinuierlich zu reduzieren. Tatsächlich befindet sich die Automobilindustrie im größten Transformationsprozess ihrer Geschichte, an dessen Ende nur diejenigen Hersteller wettbewerbsfähig bleiben können, wenn sie koordiniert mit wirtschaftlichen Leistungs- und Nachhaltigkeitsaspekten arbeiten.

 

– Verbrennungsmotoren werden in der EU gerade dann abgeschafft, wenn sie in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen unglaublich effizient geworden sind. Sind Sie der Meinung, dass wir ihre Zukunft neu überdenken sollten, oder ist EV der richtige Weg?

Audi hat sich eine klare Richtung vorgegeben, die heißt: Die Zukunft ist elektrisch. Die E-Mobilitätsstrategie der AUDI AG sieht vor, die Produktion von Verbrennungsmotoren bis 2033 schrittweise einzustellen. Das ist eine klare Vorgabe, so dass wir genügend Zeit haben, unsere Mitarbeitenden und die Produktion darauf einzustellen. Bis dahin arbeiten wir daran, die Effizienz unserer Verbrennungsmotoren kontinuierlich zu verbessern. Wir können Beides.

Foto: Audi Hungaria

– Welche Rolle spielt die ungarische Entwicklungs- und Produktionsinfrastruktur von Audi beim Übergang zu Elektrofahrzeugen?

Audi Hungaria ist das Zentrum der E-Motoren-Produktion des Audi-Konzerns. Der Übergang zur Elektromobilität ist in unserem Unternehmen in vollem Gange, schließlich produzieren wir seit 2018 elektrische Antriebe. Ein wichtiger Meilenstein war die Ankündigung im vergangenen Jahr, dass wir neben der bald startenden PPE (Premium Platform Electric) auch eine neue Baureihe von Elektroantrieben, die MEBeco, produzieren werden. Für diese neuen Produkte erweitern wir die Fertigungstiefe, was uns auch neue Kompetenzen verschafft.

 

– In einer kürzlich durchgeführten ungarischen Umfrage gaben vier der fünf wichtigsten Gründe für das Verlassen eines Unternehmens die Unzufriedenheit mit dem Management an. Welches sind die wichtigsten Grundsätze der Audi-Führungskultur, die Sie als spezifisch für Ihr Unternehmen bezeichnen könnten?

Bei Audi Hungaria streben wir eine offene, dialogorientierte Unternehmenskultur an. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Entwicklung und Umsetzung unserer bereits erwähnten Next-Level-Strategie, die wir derzeit leben. Für mich war und ist es besonders wichtig, dass die Next Level Strategie keine Strategie „aus dem Elfenbeinturm” wird, sondern eine Strategie aus der Mannschaft Audi Hungarias für Audi Hungaria. Wir binden bereits alle Verantwortungsebenen in die NL-Strategie ein, und wir werden im Laufe der nächsten Jahre alle Mitarbeitenden aktiv in den Strategieprozess einbinden. Sie sind die Experten ihrer Bereiche, ihre Meinung / Expertise, aber auch Ihre Flexibilität ist mehr denn je gefragt. Unser erklärtes Ziel ist es, alle Mitarbeitenden zu inspirieren um begeistert die Zukunft der Audi Hungaria aktiv mitzugestalten.  Uns ist es sehr wichtig, ein Arbeitsumfeld sicherzustellen, in dem die fachliche Entwicklung, die Life-Work-Balance sowie Hightech-Lösungen und innovatives Arbeiten optimal umgesetzt werden können. Wir bieten seit jeher sichere Arbeitsplätze und das wird von unseren Mitarbeitern sehr geschätzt. Ein Beweis dafür ist, dass wir dieses Jahr erneut der attraktivste Arbeitgeber Ungarns sind.

 

– Wie wählen Sie Ihre zukünftigen Führungskräfte aus und wie entwickeln Sie sie? Wonach suchen Sie in erster Linie, und nach welchen Kriterien legt das Unternehmen seine Verdienste fest?

Unternehmertum und lösungsorientiertes Denken und Menschlichkeit sind für mich extrem wichtig. Bei mir ist es noch nie vorgekommen, dass ich zu einer herausfordernden Aufgabe oder Position Nein gesagt hätte. Meine Erwartungshaltung ist Fachkompetenz, Risikobereitschaft, Mut und ermutigende und integrierende Selbstsicherheit sowie eine internationale Kulturoffenheit und Zusammenarbeit.  Ich glaube daran, dass gute Leistung und ein konstruktiver Teamgeist uns und unsere Gesellschaft weiterbringt. Für mich persönlich war und ist es immer besonders interessant, wenn andere etwas für nicht machbar erachten – diesen Geist erwarte ich. Von dieser Mentalität ist auch das Management von Audi Hungaria geprägt, die das Unternehmen vorantreibt und die richtigen Antworten auf die heutigen Herausforderungen liefert. Im Rahmen unserer Personalstrategie legen wir großen Wert auf die Qualifizierung von Führungskräften, nicht nur in Bezug auf fachliche, sondern auch in Bezug auf Management- und Leadershipskills. Wir bilden jedoch nicht nur unser Management, sondern auch alle unsere Mitarbeiter kontinuierlich weiter, da ihr Wissen und ihre Kompetenzen der Schlüssel zum Erfolg unseres Unternehmens sind. Nur begeisterte Mitarbeiter bauen begeisternde Produkte.

 

– Einige Unternehmen, die in den 90er Jahren auf der Suche nach billigen Arbeitskräften kamen, sind in billigere Länder abgewandert, da die Arbeitskräfte in Ungarn inzwischen besser bezahlt und schwerer zu finden sind. Natürlich denkt Audi nicht nur an den kleinsten gemeinsamen Nenner, aber was macht das ungarische Geschäftsumfeld immer noch zu einer wirtschaftlichen Option für langfristige Investitionen?

Vor 30 Jahren wählte die AUDI AG Győr aus 180 möglichen Standorten aus, eine Entscheidung, die auf der Grundlage zahlreicher Faktoren wie industrieller Traditionen, der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, der entsprechenden Infrastruktur und des investitionsfreundlichen wirtschaftlichen Umfelds getroffen wurde. Seit seiner Gründung hat unser Unternehmen mehr als 12 Milliarden Euro investiert und ist zu einer tragenden Säule des weltweiten Produktionsnetzwerks des Volkswagen Konzerns geworden. Ungarn sichert ein stabiles wirtschaftliches Umfeld, insgesamt ein investitionsfreundliches Klima. Für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Ungarn ist wichtig, dass die Rahmenbedingungen insgesamt passen und langfristig gelten. Dazu zählen Industrieflächen mit hervorragender Infrastruktur, die Wirtschaftlichkeit, gute logistische Anbindung, die fast 100%-e Nutzungsmöglichkeit des investierten Kapitals sowie die fachliche Kompetenz der ungarischen Arbeitskräfte.

Foto: Audi Hungaria

– Schließlich steht die deutsche Autoindustrie in einem immer härteren globalen Wettbewerb, nicht nur in Bezug auf die Preise, sondern auch in Bezug auf Qualität und technologischen Fortschritt. Das Aufkommen der Elektroautos hat die technologischen Spielregeln weiter angeglichen, und die deutsche Autoindustrie steht vor einem Moment wie die Schweizer Uhrenindustrie, als die Digitalisierung in den 70er Jahren angekommen ist. Die Lösung der Schweizer war, die Rolle der Uhr neu zu definieren und ihr Image zu verändern, anstatt zu versuchen, ein mechanisches Uhrwerk zu entwickeln, das genauer ist als das digitale. Was ist Ihr Ansatz?

Da ich ein leidenschaftlicher Uhrensammler bin, passt das Beispiel 😊 besonders gut: Denn der Wettbewerb wird größer, es kommen ständig neue Marktteilnehmer hinzu, die Rahmenbedingungen ändern sich, so dass es eine große Herausforderung ist, wettbewerbsfähig zu bleiben. Es ist wichtig, mit unseren Autos die Bedürfnisse unserer Kunden und unserer Gesellschaft zu bedienen, damit wir das Auto nicht nur als funktionales aber doch auch sehr individuelles, emotionales Objekt, sondern als vernetzte Mobilitätsdienstleistung sehen. Ja, sogar als einen Beitrag für die lebenswerte Welt. Meiner Meinung nach wird die Rolle des Individualverkehrs, die Rolle der Individualisierung und der Bedarf an nachhaltigen Lösungen in Zukunft deutlich zunehmen, worauf Audi und die gesamte progressive Markengruppe die entsprechenden Antworten geben wird. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der neuen Ära der Automobilindustrie ein entscheidender Akteur sein werden, bei dem gerade Audi Hungaria, einen wesentlichen Beitrag leisten wird.

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