„Meine Eltern waren mutig in der Art und Weise wie sie mich erzogen haben. Sie gingen einen Weg, den man kaum als gewöhnlich bezeichnen kann,“ sagt Schachgroßmeisterin Judit Polgár in einem Kurzfilm der Freunde von Ungarn Stiftung. Das Video stellt die ungarische Vorreiterin des Spiels vor, die als die bedeutendste weibliche Schachspielerin aller Zeiten angesehen wird. Das Video ist Teil einer Videoreihe, die zehn bemerkenswerte Ungarn vorstellt, die sich durch Talent und harte Arbeit auch im Ausland einen Namen machen konnten.
„Die Dinge sind so wie sie sind. Aber wie wir die Dinge betrachten, mit welcher Einstellung und Demut wir ihnen entgegentreten, das liegt an uns. Und das ist zu großen Teilen das Geheimnis zum Erfolg,“ betont Judit Polgár zu Beginn des Videos.
Es ist unbestreitbar, dass Judit weiß, was Erfolg ist. Im Alter von 12 Jahren spielte sie als Teil des ungarischen Frauenschachteams eine bedeutende Rolle beim Gewinn der Goldmedaille in der Schacholympiade 1988 in Thessaloniki, mit dem eine lange sowjetische Hegemonie beendet wurde. Nur drei Jahre später schaffte sie es, die jüngste Schachgroßmeisterin zu werden, womit sie den früheren Rekord des ehemaligen Weltmeisters Bobby Fischer brach. Bis heute ist sie die einzige Frau unter den Top 10 Schachspielern der Welt. Im Laufe ihrer Karriere besiegte Judit viele Schachmeister, frühere und aktuelle Weltmeister, unter ihnen Magnus Carlsen, Anatoly Karpow, Kasparow und Spasski.
Als eine der wenigen Frauen in einem von Männern dominierten Spiel, zeigte sie der Welt, dass die Auffassung, das Geschlecht sei ein wichtiger Faktor bei der Fähigkeit Schach zu spielen, nicht korrekt ist.
Dieses Mann-Frau-Problem war ein konstantes Thema um mich und meine Schwestern
erinnert sich Judit im Kurzfilm.
Trotz der starken Geschlechtertrennung zu der Zeit, weigerte sich Polgár an Frauenturnieren teilzunehmen und bevorzugte es stattdessen, gegen Männer anzutreten.
Fact
Judit Polgár hat sich mit 15 Jahren als echtes Wunderkind den Titel des Großmeisters im Schach der Männer verdient und sogar Spieler wie Garri Kasparow besiegt. Dank ihrer Leistung ist sie die einzige weibliche Schachspielerin, die 25 Jahre und 1 Monat lang den ersten Platz in der Weltrangliste halten konnte. Im Jahr 2007 rief sie das Global Chess Festival ins Leben, welches jedes Jahr die Schönheit des Schachs zu Millionen von Menschen bringt. 2015 bekam sie die höchste Auszeichnung des ungarischen Staates, den Sankt Stephans-Orden.
Im Video vergleicht Polgár ihre Familie mit einem Startup-Unternehmen: Menschen, „…die jede Minute, jede Geduld und jeden Gedanken etwas widmeten, die alles aufs Spiel setzten.“
„Ungarn gilt seit hundert Jahren als Großmacht im Schach und besitzt deshalb gute Chancen, die Schacholympiade 2024 auszutragen.“ Das sagte der neue Präsident der FIDE, Arkadi Dworkowitsch, nach der Vorstandssitzung des Weltverbands in Budapest – berichtet Budapester Zeitung. Den Russen überzeugten insbesondere das Flair von Budapest und der Umstand, dass hierzulande Schach bereits an Grundschulen […]Weiterlesen
Kennt man die Geschichte der Familie, hört sich diese Analogie gar nicht so seltsam an. Judit und ihre zwei Schwestern waren Teil eines Bildungsexperiments ihrer Eltern, die beide Lehrer waren. Ihr Vater László Polgár wollte beweisen, dass jedes gesunde Kind – wenn man es früh genug und intensiv genug lehrt – zu großartigen Sachen fähig ist. Die drei Töchter, die allesamt Pioniere des Spiels wurden, sind der lebende Beweis dieser Theorie.
Das Netflix-Schachdrama „Das Damengambit“ steht seit seiner Veröffentlichung auf der Top-Serienliste der Plattform. Die Serie, die die Geschichte von Beth Harmon, einer Waise aus Kentucky und ihrem Aufstieg als Wunderkind in den 1950er und 1960er Jahren erzählt, zeigt, wie sich eine Frau in der rücksichtslos wettbewerbsorientierten, von Männern dominierten Schachwelt auszeichnen kann, was auch dazu […]Weiterlesen
Im Jahr 2014 entschied sich Polgár, vom Wettkampfschach zurückzutreten. Aber das Brettspiel ist immer noch ein maßgebender Teil ihres Lebens. Sie ist die Cheftrainerin der ungarischen Nationalmannschaft der Männer und ist der Autor von sieben Kinderbüchern über das Spiel. Sie hält Vorträge und kommentiert große Turniere. Polgár ist zudem die Entwicklerin von„Chess Palace“, ihrem eigenen Schachprogramm für Schüler. Es wurde in den ungarischen Nationallehrplan integriert und machte den Schachunterricht an Grundschulen verfügbar.