In ihren Reden am Nationalfeiertag des 23. Oktober machten sowohl Ministerpräsident Viktor Orbán als auch mehrere Oppositionsführer geltend, dass sie die wahren Erben der Freiheitskämpfer von 1956 seien.
In seiner Gedenkrede erklärte Ministerpräsident Orbán: Seine Partei wolle die ungarische Souveränität verteidigen. Zugleich gab er zu verstehen, dass sowohl die aktuellen Oppositionsparteien als auch die Kommunisten ihr Land ruiniert und sich gegen ihre Nation gewandt hätten. Der Fidesz-Chef behauptete, dass die derzeitigen Oppositionsparteien von „Brüssel“ sowie George Soros unterstützt würden, die Ungarn liberale Werte einschließlich der LGBTQ-Ideologie aufzwingen wollten. Spitzenvertreter der Opposition riefen auf ihrer gemeinsamen Gedenkveranstaltung zur Geschlossenheit auf, damit ihre Parteien den Fidesz bei den Wahlen im April 2022 besiegen und die Hoffnungen der Freiheitskämpfer von 1956 und 1989 erfüllen könnten.
Miklós Hargitai von der Tageszeitung Népszava wirft Ministerpräsident Orbán Geschichtsklittung vor und vergleicht ihn mit Kommunisten und Vertretern anderer diktatorischer Regimes, die die Erinnerungspolitik für ihre politischen Zwecke missbrauchen würden. Es sei absurd, dass der Regierungschef den Westen dafür geißele, den Ungarn 1956 nicht geholfen zu haben, er aber gleichzeitig verschweige, dass die Revolution von der Sowjetunion niedergeschlagen worden sei. Der linksorientierte Kommentator argwöhnt zudem, dass die Regierung die Gedenkfeier genutzt habe, um eine Parallele zwischen den Kommunisten von 1956 und der heutigen Opposition zu ziehen. Hargitai schließt mit der Aufforderung an die Politiker, sie mögen die Erinnerung an 1956 unangetastet lassen.
Widerlich, wie sich die Opposition die Erinnerung an 1956 aneignen und als Erbe der Freiheitskämpfer aufspielen wolle, ätzt György Pilhál in einem Kommentar für Magyar Nemzet. Der regierungsnahe Kolumnist erinnert daran, dass sich 1989/90 auch die Kommunisten der letzten Stunde hätten entsprechend aufführen wollen, um ihre Legitimität zu untermauern. Pilhál vergleicht auch die Polizeigewalt des Jahres 2006, die „auf Befehl von Ministerpräsident Gyurcsány“ stattgefunden habe, mit den Zusammenstößen von 1956. Angesichts dessen sei es noch absurder, dass die Opposition die Erinnerung an die Revolution zu ihren Gunsten nutze. Pilhál schließt mit der Behauptung, dass die Revolution von 1956 immer noch nicht vollendet sei, da die derzeitige Opposition im Dienste ausländischer Interessen die Ziele der Invasoren von 1956 erreichen wolle – dieses Mal mit Hilfe liberaler Ideologie statt mit Waffen.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: Balázs Mohai/MTI)