Linke Kommentatoren sehen in der Vereinbarung über den EU-Rettungsfonds einen Sieg für Ministerpräsident Orbán und eine Niederlage für das vereinte Europa. Regierungsnahe Kolumnisten begrüßen das Abkommen als pragmatischen Kompromiss und erkennen darin eine massive Niederlage für die Liberalen, die der ungarischen Regierung die Verletzung demokratischer Normen vorgeworfen hatten. Presseschau von budapost.de.
Auf Hírklikk bezeichnet Péter Németh die Einigung über den EU-Rettungsfonds als eine Enttäuschung. Der linke Kolumnist räumt ein, dass die Aufweichung der Rechtsstaatlichkeitskriterien ein Sieg für Ministerpräsident Orbán sei. Das Abkommen gefährde grundlegende Werte der EU und ermutige die Mitgliedsstaaten dazu, die EU als einen Goldesel zu betrachten. Zudem befürchtet Németh, dass EU-Gelder von „autokratischen“ Regimen zur Zementierung ihrer Macht missbraucht würden. Alles in allem geht Németh davon aus, dass die Vereinbarung die EU langfristig schwächen werde, statt sie zu stärken und die Vereinigten Staaten von Europa vorzubereiten.
Auch Tamás Róna interpretiert das Abkommen als einen Hinweis auf die Schwäche der EU. Der linke Kommentator der Tageszeitung Népszava vermutet, dass die Mitgliedsstaaten die Vorstellung von einer vereinten Union aufgeben und bereit sein würden, demokratische Werte zu desavouieren, falls ihnen dies ihre Interessen diktieren sollten. Mit Blick auf Ungarn behauptet Róna, dass die Gelder aus dem Coronavirus-Rettungspaket ausschließlich regierungsfreundliche Oligarchen bereichern dürften.
Nach Abschluss des Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Artikel 7 werde es unmöglich sein, der ungarischen Regierung die Missachtung grundlegender demokratischer und rechtsstaatlicher Normen vorzuwerfen, schreibt Zoltán Kottász von Magyar Nemzet. Zwar halte Ministerpräsident Orbán die ungarische Wirtschaft für stark genug, um auch ohne zusätzliche Finanzmittel bestehen zu können, dennoch habe er dem Abkommen zugestimmt, freut sich der regierungsnahe Journalist.
In einem Kommentar für Magyar Hírlap bezeichnet Mariann Őry das Abkommen als einen klugen und pragmatischen Kompromiss, der für alle EU-Mitgliedstaaten akzeptabel sei. Die konservative Autorin nimmt die Vereinbarung auch als einen großen Sieg für Ministerpräsident Orbán und als eine totale Niederlage für seine liberalen Kritiker wahr, die der ungarischen Regierung seit langem Verstöße gegen grundlegende demokratische Normen anlasten würden.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI/Pressestelle des Premiers/Benko Vivien Cher)