Analysten von links und rechts sind gleichermaßen der Auffassung, dass zum ersten Mal seit zehn Jahren die Möglichkeit eines Sieges der Opposition nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne. Presseschau von budapost.de.
In Jelen begrüßt der linke Politikanalyst Zoltán Lackner die Entscheidung der Oppositionsparteien, 2022 in jedem der 106 Wahlkreise mit nur jeweils einem einzigen Kandidaten anzutreten. Dennoch müssten noch weitere Bedingungen für einen Sieg der Opposition erfüllt werden: Zunächst einmal sei kein Spitzenpolitiker erkennbar, der als gemeinsamer Ministerpräsidentenkandidat infrage käme. Zweitens würde eine Abwendung von der amtierenden Regierung aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit oder aufgrund von Korruptionsvorwürfen nur „einen sehr kleinen Teil“ der Bevölkerung mobilisieren.
Lackner rät demnach zu weit reichenden Versprechungen für ein besseres Leben – angefangen bei der Gesundheitsfürsorge über die Bildung bis hin zu umfangreicheren Sozialausgaben. Doch all das, so Lackner weiter, würde noch immer nicht ausreichen, da die Anhänger der Regierung etwa ein Drittel der Bevölkerung repräsentierten. Deshalb könne die Opposition in ihrem jetzigen Zustand nur etwas von der parlamentarischen Mehrheit der Regierungsparteien abknapsen, ohne sie jedoch zu entthronen. Es sei denn, die Oppositionsparteien könnten die Wähler davon überzeugen, dass sich das Land in einer tiefen Krise befinde, die die Regierung nicht bewältigen könne.
Auch László Szentesi Zöldi glaubt, dass die vereint auftretende Opposition bessere Chancen auf einen Wahlsieg habe als je zuvor in den vergangenen drei Legislaturperioden. Im Wochenmagazin Demokrata warnt der Autor die Regierungsseite davor, „schmutzige Angelegenheiten“ zu tolerieren, wie den Sexskandal des ehemaligen Fidesz-Bürgermeisters von Győr (siehe BudaPost im Oktober und November 2019), da derartige moralisch schädlichen Fälle „die Regierenden lähmen“ könnten. Eine Schwierigkeit, die Szentesi Zöldi auf der Oppositionsseite sieht, ist die Beteiligung von Jobbik. Ihre potenziellen Kandidaten könnten sich in der Vergangenheit einmal rassistische Ausfälle geleistet haben.
(Wie etwa der einzige Oppositionsbewerber bei der bevorstehenden Nachwahl in Szerencs, siehe BudaPost vom 24. August – Anm. d. Red.).
Laut Szentesi Zöldi möchte die Opposition derartige Fehler mit Hilfe von Vorwahlen verhindern, allerdings könnten diese zu Siegen der beiden stärksten Parteien in ihrem Bündnis führen, nämlich der Demokratischen Koalition und Momentum. Er sagt jedoch voraus, dass in diesem Fall die kleineren Parteien das Opfer hinnehmen dürften. Momentum sei der Hauptgegner, den die Regierenden im Auge behalten sollten, denn diese junge liberale „Terrorgruppe“ werde von Tag zu Tag stärker. Deswegen hält Szentesi Zöldi es für einen Fehler des Regierungslagers, sein Gift hauptsächlich gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten und DK-Vorsitzenden Ferenc Gyurcsány zu versprühen.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)