Niemand hat die RMDSZ in 35 Jahren angefasst, so Călin Georgescu, der Bewunderer der rumänischen Nazis der Zwischenkriegszeit.Weiterlesen
In seiner jüngsten Stellungnahme hat der rechtsextreme Kandidat Călin Georgescu, der die erste Runde der annullierten Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, die Autonomiebestrebungen des Szeklerlandes aufs Korn genommen.
Am Sonntagabend kritisierte der ultranationalistische Politiker im Nachrichtensender Realitatea Plus Politiker und „bestochene Journalisten“ dafür, dass sie die Forderungen nach Autonomie für das Szeklerland „ignorieren“.
„Seit 35 Jahren wird ständig über die Autonomie des Szeklerlandes, über Siebenbürgen gesprochen. Nun, niemand aus der politischen Klasse und den Medien, oder bestimmte Journalisten, Sie wissen, wie sie sind, Söldner sozusagen, hat sich damit befasst. Die Tatsache, dass nichts gesagt wurde, wirft ernste Fragen auf“.
In seinem wirren Durcheinander mischte der Lieblingspolitiker der Rumänen, der unabhängigen Meinungsumfragen zufolge die Präsidentschaftswahlen in Rumänien haushoch gewinnen würde, Kraut und Rüben. So fügte er in seine Tirade gegen die Autonomiebestrebungen der ungarischen Minderheit auch den aufsehenerregenden Kunstdiebstahl hinzu, von dem auch Ungarn Heute berichtet hat. Im Fernsehinterview mit seinem „Haussender“ erklärte er: „Wir sind schon seit der Erschaffung der Welt hier. Allein der gestohlene Schatz, der Helm von Coțofănești, beweist unsere Anwesenheit vor über 2500 Jahren“, möglicherweise um die laue Suppe der rumänischen Kontinuität aufzuwärmen und damit die politische Hegemonie der heutigen Mehrheitsbevölkerung zu untermauern. Dass die rumänische Ethnogenese frühestens ein Jahrtausend später als die Herstellung des Helms stattgefunden hat störte die Georgescu gegenüber stets devot auftretende Moderatorin nicht im Geringsten.
Wie auch wir berichtet haben, pflegt der extremistische Politiker die Erinnerung an die rumänischen Nazis mit besonderer Hingabe. Die Eiserne Garde, der paramilitärische Arm der Legion des Erzengels Michael, war für eine Reihe von politischen Morden, für die blutige Verfolgung der Juden und die Drangsalierung der ethnischen Ungarn und anderer Minderheiten, verantwortlich.
Gerne zitiert er wortwörtlich Textpassagen aus den Reden des faschistischen Diktators Ion Antonescu und knüpft in seine eigenen Ansprachen Propagandahülsen der Garde ein.
Den ethnischen Minderheiten schärft er ein, sich damit zu begnügen, dass sie vom Staatsvolk „Boden und Wasser“ erhalten. In einem früheren Interview erwähnte der studierte Agronom und Möchtegern-Historiker ein angebliches, von ihm frei erfundenes Verbot des Ungarischen durch den walachischen Fürsten Michael den Tapferen, der für einige Monate (1599-1600) im Auftrag der Habsburger Siebenbürgen in Besitz nahm.
Noi suntem Uniți, noi suntem Poporul, noi suntem România! Vă mulțumesc pentru hora românească de astăzi, horă în care ne-am unit cu toții în fața lui Dumnezeu!
Foto credit: Bogdan Chircan pic.twitter.com/wZugrtaRga
— Călin Georgescu OFFICIAL ACCOUNT (@CG_Romania) January 24, 2025
Am Sonntagabend nahm Georgescu auf seine Aussagen in der letzten Woche Bezug, die viel diplomatischen Staub aufgewirbelt haben.
Er machte rumänische Ansprüche auf ukrainische Staatsgebiete geltend, u.a. den nördlichen Teil des ehemaligen ungarischen Komitats Marmarosch, heute Teil Transkarpatiens.
Diesmal versuchte er das zerschlagene Porzellan zusammenzukitten. „Erstens haben wir es hier mit einer politischen Klasse zu tun, die, wenn ich so sagen darf, sehr heuchlerisch ist und ein doppeltes Maß an Eigeninteresse hat. Zweitens bin ich erstaunt, dass sie so oberflächlich und funktionale Analphabeten sind, denn ich habe mich auf etwas sehr Einfaches bezogen. Wir müssen aus unseren Erfahrungen, aus der Geschichte lernen. Die Welt verändert sich. Wir haben damals, ich spreche vom Zweiten Weltkrieg, viele Fehler gemacht. Wir wussten nicht genau, wie wir uns orientieren sollten, und so wurden wir von einem großen Rumänien zu einem kleinen Rumänien“, so der selbst erklärte „gewählte Präsident“ Rumäniens, der angab, eine „theoretische Hypothese“ dargestellt zu haben. Der stets als Landesretter auftretende Georgescu wollte angeblich alle möglichen Szenarien andenken, damit Rumänien nicht „auf falschem Fuß“ erwischt wird.
In einem früheren Interview mit dem bekannten Journalisten Ion Cristoiu erklärte der verhinderte Präsidentschaftskandidat, dass der Rest Transkarpatiens Ungarn, die Westukraine mit Lemberg hingegen Polen gehören soll. Georgescu nannte die Ukraine einen „fiktiven Staat“, der „nicht existiert“.
Das Kiewer Außenministerium beschuldigte Georgescu, von Moskau aus gesteuert zu sein, während sich das rumänische Außenministerium davon distanzierte und erklärte, Rumänien stehe zur territorialen Integrität der Ukraine.
Die viel und mit Recht kritisierte Entscheidung der Bukarester Wahlbehörde, den ersten Wahlgang zu annullieren, hat – das wird auch aus den jüngsten Äußerungen von Călin Georgescu überdeutlich – einen Wirrkopf vom höchsten Amt des strategisch bedeutsamen Staates ferngehalten. Andererseits schafft der umstrittene Beschluss des Zentralen Wahlbüros einen gefährlichen Präzedenzfall. Bereits jetzt zeichnet sich ein ähnliches Drehbuch in Deutschland ab. Die Andeutungen des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier angesichts des unaufhaltsamen Vormarsches der AfD lassen Befürchtungen aufkommen, dass die unliebsame Konkurrenz der etablierten Parteien durch nachträgliche „Korrekturen“, wie in Rumänien geschehen, ausgeschaltet werden könnte.
Beitragsbild: Bilschirmaufnahme