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Eine der „am stärksten gefährdeten“ Volksgruppen in Europa darf nicht verzagen

MTI - Ungarn Heute 2024.01.15.

Die Ungarn in Siebenbürgen gehören zu den am stärksten gefährdeten ethnischen Gruppen in Europa, und der einzige Weg, ihren weiteren Bevölkerungsschwund zu verhindern, ist die Durchsetzung ihrer kollektiven Rechte, sagte László Tőkés, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Ungarischen Nationalrats (EMNT), in seiner „Neujahrserklärung“.

In dem Dokument, das der MTI am Freitag zugesandt wurde, erklärte der EMNT-Vorsitzende, dass sich die ungarische Gemeinschaft Siebenbürgens in hundert Jahren halbiert habe und sich ihr Bevölkerungsrückgang in den letzten drei Jahrzehnten beschleunigt habe. Daher müsse sie sich der Tatsache stellen, dass sie wie andere ungarische Minderheiten im Karpatenbecken zu einer gefährdeten Volksgruppe geworden ist.

„Aber wir dürfen keine Angst haben, denn das würde zur Selbstaufgabe und zum sicheren Scheitern führen. Wir müssen unsere Reihen in Ordnung bringen und uns organisieren, um zu arbeiten und aufzubauen. Die einzige Antwort auf Trianon, auf unsere gegenwärtige Bedürftigkeit besteht darin, unsere kollektiven Rechte, unsere Autonomie zu behaupten.

Die rumänische Revolution von 1989 schuldet uns noch die Wende in der Minderheitenpolitik – wir können darauf nicht verzichten“,

schrieb László Tőkés und betonte, dass 2024 ein Wahljahr in Rumänien ist.

Dass Premierminister Marcel Ciolacu die ungarischen Autonomiepläne, die er in den letzten Dezembertagen im Dringlichkeitsverfahren von beiden Kammern des Parlaments ablehnen ließ, als „revisionistische“ und „giftige Initiativen“ bezeichnete, sei eine bewusste Irreführung des rumänischen Volkes und eine anti-ungarische Hetze.

Laut László Tőkés ist die Aussage des Ministerpräsidenten, dass „die Souveränität und territoriale Integrität Rumäniens nicht verhandelbar“ sei, eine bloße Unterstellung, da die Autonomiegesetzentwürfe des EMNT und des Szekler Nationalrats „die Souveränität und territoriale Integrität Großrumäniens“ nicht bedrohten.

Fact

Károly Kós (1883 Temeswar – 1977 Klausenburg) stammte aus einer Familie siebenbürgisch-sächsischer Herkunft väterlicherseits sowie österreichischer und französischer Herkunft mütterlicherseits. Der Architekt, Grafiker, Denkmalschützer, Schriftsteller und Politiker war  sowohl mit der ungarischen Nation als auch mit seinem Heimatland Siebenbürgen eng verbunden und gilt als Erneuerer der europäischen Architektur, aus dem Geist der Volkstradition. Nach der Schockstarre, verursacht durch die Tragödie von Trianon, nach der Ungarn Zweidrittel seines Staatsgebiets verlor und Millionen von ethnischen Ungarn heimatlos wurden, ermutigte Kós in einem 1921 veröffentlichten Manifest (Kiáltó szó) seine Landsleute neue Wege in einer ungünstigen politischen Konstellation zu suchen, treu zu ihrer ungarischen Kultur, aber im Austausch mit den historischen Nationen Siebenbürgens. Seine unverwechselbaren Gebäude haben Generationen von Architekten inspiriert, aber sein Name steht hauptsächlich für eine politisch-kulturelle Strömung, die als Transylvanismus bekannt ist und trotz Abwanderung der Siebenbürger Sachsen, die ein wesentlicher Bestandteil dieses historisch gewachsenen Gebildes waren, von vielen Ungarn und Rumänen als Alternative zu einem staatlichen Zentralismus angesehen wird, der regionale Identität und Minderheiten nach wie vor mit Argwohn betrachtet.

„Wir wollen nur das, was unserer ungarischen Gemeinschaft in Siebenbürgen in einer demokratischen Gesellschaft zusteht (…) Mit den Worten des Manifests Kiáltó szó (Rufendes Wort) von Károly Kós wollen wir nicht mehr und nicht weniger als das, was uns Rumäniens sanktioniertes Gesetz, die Erklärung von Karlsburg (Gyulafehervár, Alba Iulia) von 1918 aus freien Stücken versprochen hat, nämlich die nationale Autonomie“, betonte der EMNT-Vorsitzende und fügte hinzu:

Das Jahrhundert, das seit Trianon vergangen ist, hat Rumänien nicht ausgereicht, um das versprochene Minderheitengesetz zu schaffen,

da die Bukarester Legislative die Verabschiedung des Gesetzes, das zuletzt im Regierungsprogramm von 2020 und dann 2021 vorgesehen war, „wiederholt sabotiert“ hat.

László Tőkés wies darauf hin, dass im Dezember eine Delegation der Ungarischen Demokratischen Allianz Rumäniens (RMDSZ) in den Vereinigten Staaten von Amerika die Aufmerksamkeit der Politiker in Washington auf das Erstarken der „extremistischen, populistischen, faschistischen Rhetorik“ der Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) als ernsthafte Bedrohung für die Ungarn in Siebenbürgen und Rumänien gelenkt habe. Er sagte, dass diese Aussage zwar richtig sei, dass aber in Wirklichkeit die gesamte politische Klasse Rumäniens mehr oder weniger stark von einer anti-ungarischen Haltung geprägt sei, die an die Zeit des nationalistischen Kommunismus erinnere.

„Die AUR zum Sündenbock zu machen, lenkt vom nationalistischen Establishment des rumänischen Staates ab, d.h. von den ehemaligen Koalitionspartnern des RMDSZ oder von Staatspräsident Klaus Iohannis, die durch duldsames Schweigen oder sogar Handeln die Verbreitung der Ungarnfeindlichkeit in Rumänien unterstützen. Es muss klar sein, dass das Opfer niemals ein Verbündeter des Täters sein darf, genauso wenig wie es ahnungslos in die Falle des Stockholm-Syndroms tappen darf.

Handlanger einer sozialdemokratisch-national-liberalen Koalition zu sein, die auf dem gemeinsamen Streben nach Beute beruht, hieße, unsere nationalen Werte und Interessen für Parteiinteressen aufzugeben“,

warnte der Vorsitzende des Siebenbürgisch-Ungarischen Nationalrats in seiner Neujahrserklärung.

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Via MTI Beitragsbild: Fodor Erzsébet (Szilágykraszna/Krassmarkt/Crasna), Külhoni Magyarok Facebook