Ein Historiker beklagt in Erinnerung an die Besetzung Ungarns durch Hitlers Wehrmacht im Jahre 1944, dass die alliierten Mächte das Schicksal der ungarischen Juden ignoriert hätten. Ein Geschichtswissenschaftler der jüngeren Generation wiederum fordert eine differenziertere und weniger politisierte Interpretation der damaligen Geschehnisse. Presseschau von budapost.de.
Der in den USA ansässige Historiker László Borhi behauptet in einem Index-Beitrag unter Berufung auf kürzlich entdeckte historische Dokumente, dass die Alliierten Deutschland zu einem Einmarsch in Ungarn provoziert hätten, ohne die Folgen für die ungarischen Juden zu bedenken. Die ungarische Regierung habe 1943 aktiv mit den alliierten Mächten über eine Kapitulation Ungarns verhandelt. London sowie Washington hätten jedoch einer Besetzung des Landes durch Nazideutschland den Vorzug gegeben. Damit sollte laut Borhi die Fähigkeit der Wehrmacht geschwächt werden, sich der geplanten westalliierten Invasion in Europa entgegenzustellen. In ihren strategischen Erwägungen hätten die Alliierten die Auswirkungen der Okkupation Ungarns auf die damals 825.000 starke jüdische Bevölkerung völlig außer Acht gelassen, notiert Borhi.
In einem Artikel für Magyar Nemzet fordert László Bernát Veszprémy eine gründliche historiographische Untersuchung, die über die stark politisierten Mythen bezüglich der Besetzung Ungarns durch Nazideutschland 1944 hinausgehen sollte. Die Linke würde die Invasion Ungarns gerne in dem Sinne interpretieren, als ob sie vom ganzen Land begrüßt worden sei, während die Rechte wiederum die gesamte Verantwortung für den Holocaust den deutschen Invasoren in die Schuhe schieben wolle. Veszprémy geht davon aus, dass die meisten Ungarn, statt aktiv gegen die Besetzung Ungarns zu protestieren oder sie zu begrüßen, passive Zuschauer gewesen seien. Ungarn habe am 19. März 1944 seine Souveränität eingebüßt. Die Mehrheit der ungarischen Juden sei noch unter der Ägide von Reichsverweser Horthy und vor der Machtübernahme durch die Pfeilkreuzbewegung, so Veszprémy.
(Via: budapost.de)