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Gedenktag der Opfer des Kommunismus: Das System hat weltweit Millionen Menschen zugesetzt

Judit Szlovák 2022.02.25.
FIZETŐS

Der im Jahre 2000 in Kraft getretene ungarische Parlamentsbeschluss hat den 25. Februar zum Gedenktag der Opfer des Kommunismus erklärt. An diesem Tag im Jahr 1947 hat man Béla Kovács, ungarischer Politiker, Generalsekretär der Unabhängigen Partei der Kleinlandwirte der Landarbeiter und des Bürgertums (FKgP), aufgrund falscher Anschuldigungen verhaftet und dann in die Sowjetunion verschleppt. Béla Kovács verbrachte annähernd neun Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern. Und obwohl Ungarn an diesem Tag, dem 25. Februar, der Opfer gedenkt, sollten wir auch den etwa 100 Millionen Opfern des totalitären Unterdrückungsregimes nicht nur in Europa, sondern weltweit Tribut zollen. 

Opfer des Kommunismus – Zahlen und Fakten 

In Mittel- und Osteuropa erreichte die Zahl der Opfer des kommunistischen Regimes eine Million, die Menschen starben an Hungersnöten, in Zwangsarbeitslagern oder durch Hinrichtung. Die Zahl derer, die durch den Alltag der Diktatur physisch und psychisch verkrüppelt wurden, ist jedoch viel höher. Zu den Opfern des Regimes gehörten auch diejenigen, die verhört und gefoltert, stigmatisiert, ausgegrenzt oder inhaftiert oder wegen ihrer Überzeugung oder Religion verfolgt wurden.

In Ungarn gab es praktisch keine Familie, die nicht in irgendeiner Weise von der kommunistischen Unterdrückung betroffen war. Einige Daten aus der Geschichte des ungarischen Kommunismus:

  • Zwischen 1945 und 1950 wurden fast 60.000 Menschen vor Gericht gestellt, von denen 26.997 verurteilt, 477 zum Tode verurteilt und 189 hingerichtet wurden
  • Im gleichen Zeitraum wurden fast 50.000 Menschen interniert und 15.000 deportiert

In vielen Teilen der Welt wird der Opfer gedacht, und Tausende von Gedenkstätten erinnern uns daran, dass die Diktatur das Leben von Menschen, Familien, Generationen und Gesellschaften für lange Zeit zerstört hat.

Gedenken der Opfer des Kommunismus nicht nur für uns Ungarn wichtig

Leider gibt es wie gesagt Dutzende Länder in der Welt, die Denkmäler für die Opfer des Kommunismus errichten haben bzw. „mussten“, weil sie auch zahlreiche Opfer des Systems hatten. Dies ergibt sich daraus, dass sie eine ähnliche Geschichte wie wir Ungarn hatten. Die Liste der Gedenkstätten ist ziemlich lang.

Ungarn will internationalen Gedenktag für Opfer kommunistischer Diktaturen
Ungarn will internationalen Gedenktag für Opfer kommunistischer Diktaturen

Ungarn schlägt vor, dass die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) einen internationalen Gedenktag zu Ehren der Opfer der kommunistischen Diktaturen begehen, sagte der Außenminister am Donnerstag. „Kommunistische Diktaturen sind ein tragischer Teil der gemeinsamen Geschichte der Menschheit, nicht nur wegen der Anzahl der getöteten Menschen“, sagte Péter Szijjártó auf einer Pressekonferenz. Diese Regime hätten mehrere […]Weiterlesen

Ein Beispiel ist dafür das Mahnmal für die Opfer des Kommunismus in Prag“: 7 Skulpturen stehen auf einer Treppe am Fuße des Prager Petřin-Hügels. Es ist nicht nur denen gewidmet, „die inhaftiert oder hingerichtet wurden, sondern auch all denjenigen, deren Leben vom totalitären Despotismus ruiniert wurde“. Das Denkmal wurde mehrmals heftig kritisiert, und seine Einweihung erfolgte auch nicht unumstritten. Der rechte Parteivorsitzende und spätere Staatschef Václav Klaus wurde zu der Zeremonie eingeladen, der amtierende Präsident der Republik, Václav Havel, selbst eine vom Kommunismus verfolgte Person, jedoch nicht. Unzufriedene Bildhauer bezeichneten das Denkmal als geschmacklos, und feministische Organisationen beschwerten sich über das Fehlen weiblicher Figuren. 2003 wurde die Statuen-Gruppe zweimal zerstört: Zunächst wurden die Statuen mit rotem Klebeband umwickelt und mit Farbe beschmiert. Einige Monate später explodierte eine Bombe am Denkmal und beschädigte eine der Figuren.

Die Mauer der Trauer in Moskau, Russland

Der 30. Oktober ist in Russland seit 1991 Gedenktag für die Opfer politischer Gewalt, insbesondere für die Opfer des stalinistischen Terrors und des Lagersystems. Die etwa 30 Meter lange Mauer der Trauer, fungiert als erster offizieller Erinnerungsort mit transnationaler Bedeutung, d.h. für das gesamte Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.

„Die Skulptur stellt etwa 500 Figuren dar – es sind keine konkreten, tatsächlichen Figuren, sondern abstrakte, symbolische. Sie schaffen gerade dieses Gefühl; das heißt, die Plastik wirkt wie eine Art Korrosion. Darin liegt all die Tragik dessen, was viele viele Jahre lang geschehen ist.“ – sagte der Bildhauer Georgij Franguljan über sein Werk

Das Nationale Denkmal zur Erinnerung an den antikommunistischen Widerstand 1945-1989 in Bukarest, Rumänien.

Hier steht auf dem Sockel einer niedergerissenen Lenin-Statue ein 20 Meter hohes, aus drei Flügeln bestehendes Denkmal. Es steht vor einem der wichtigsten Gebäude aus der Stalin-Zeit am „Platz der freien Presse“.  

„In den 45 Jahren kommunistischer Diktatur hat man den Rumänen eine falsche Geschichte über die Geschichte der Nation erzählt. Man hat uns gesagt, dass die Rumänen sich das kommunistische Regime gewünscht und unterstützt haben. Heute wissen wir genau, dass das kommunistische Regime durch Verbrechen und Terror von einer ausländischen Besatzungsarmee gegen den Willen der Nation instauriert wurde“, erklärte der rumänische Staatschef Klaus Iohannis am Tag der Einweihung des Denkmals.

Der Mahnmalkomplex „Post-Bloc“ in Tirana, Albanien

Die Einzigartigkeit dieser spannenden Kunstinstallation ist, dass sie aus einem Originalsegment der Berliner Mauer, einem Betonstützen aus den Bergwerkstollen des Arbeitslager Spaç und einem Bunker besteht. Sie sind Bruchstücke aus der Vergangenheit, die uns an Verlust, Demütigung und Ermordung erinnern. Aufgestellt wurde das Mahnmal auf dem Platz der Nation im Blloku Viertel – am ehemaligen Eingang des Stadtteils, welches nur hochrangigen Funktionären zugängig war. Heute steht es aber jedem frei, diesen Stadtteil zu besuchen….

Georgien – das Geburtsland des berüchtigten Diktators Josef Stalin

Stalin, geboren als Josef Wissarionowitsch Dschugaschwilli gehört zu den schlimmsten Verbrechern der Menschheitsgeschichte. Der rote Diktator war von 1922 bis zu seinem Tod 1953 Generalsekretär  des Zentralkommitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Er war einer der brutalsten Anführer der kommunistischen Diktatur. Stalins Deportationen und Zwangsumsiedlungen sowie sein gigantisches Straflagersystem brachten Millionen Menschen den Tod und Leid über die Länder der ehemaligen Sowjetunion und Osteuropa.

Fact

Für uns Ungarn ist eines der wichtigsten Ereignisse der ungarischen Geschichte die Revolution von 1956

Am 23. Oktober 1956 wurde in Ungarn eine Revolution gegen die kommunistische Diktatur und die sowjetische Besatzung ausgelöst, die mit friedlichen Demonstrationen begann und in einen bewaffneten Aufstand mündete.

Die Massendemonstrationen in Budapest und in anderen Landesteilen wurden von blutigen Gräueltaten begleitet. Bereits zwei Tage nach Ausbruch des Aufstandes eröffneten sowjetische Panzer das Feuer auf Demonstranten auf dem Kossuth-Platz in Budapest. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen am 4. November kam es zu Straßenkämpfen in der Hauptstadt sowie zu Schießereien in den Städten Salgótarján und Eger. Dabei starben zahlreiche Menschen.

Fortepan – Friedhof in Budapest, Grabstätte eines Mannes, der während der Revolution von 1956 getötet wurde.

Das Schicksal der Revolution wurde durch den sowjetischen Militäreinmarsch besiegelt. Am 4. November übernahm die von der Sowjetunion unterstützte Ungarische Revolutionäre Arbeiter- und Bauernregierung die Macht, und die letzten Gruppen bewaffneter Aufständischer wurden einige Tage später niedergeschlagen.

Fortepan / FSZEK Budapest Gyűjtemény / Sándor György, Nationaler Friedhof an der Fiumei Straße am 19. April 1957. Aufgenommen bei der Beerdigung der im Oktober 1956 verstorbenen Offiziere bei der Schießerei vor dem staatlichen Radio und der Kertész-Straße.

Mongolei: Opfer politischer Verfolgung

Das zwischen Russland und China gelegene Land litt fast das gesamte 20. Jahrhundert unter Fremdherrschaft und Ausbeutung. Politisch wie wirtschaftlich war es die längste Zeit von der Sowjetunion abhängig. Das Museum zur Erinnerung an die Opfer politischer Verfolgung wurde 1996 in Ulan Bator eröffnet, ein Jahr später kam das Mahnmal dazu.

Ungarn 

Das größte und bekannteste „Denkmal“ der Opfer von Kommunismus (und auch Faschismus) in Ungarn ist das Museum „Haus des Terrors“ in der Andrássy Strasse 60. Es wurde während des Kommunismus „Haus des Schreckens“ genannt. Das Gebäude steht in Budapest‘s imposanter Boulevardstraße und gehörte zu den grausamsten Schauplätzen der Diktatur. Es war in den Jahren des Kommunismus ein Ort, der die Älteren immer noch erschaudern lässt. Heute beherbergt es das Museum Haus des Terrors, das die Opfer der Diktaturen des 20. Jahrhunderts würdigt und zeigt, was es für die Ungarn bedeutete, in jenen Zeiten zu leben.

Von der Diktatur zur Freiheit: Besuch im Haus des Terrors
Von der Diktatur zur Freiheit: Besuch im Haus des Terrors

Einen Tag vor dem ungarischen Nationalfeiertag wurde ausländischen Journalisten die Gelegenheit geboten, das Museum „Haus des Terrors“ zu besuchen, um ein umfassendes Bild von Ungarn im 20. Jahrhundert, den Weltkriegen, dem faschistischen und kommunistischen Totalitarismus zu erhalten. Danach hielt Mária Schmidt, Generaldirektorin des Instituts, einen Vortrag über die ungarische Geschichte, wonach sie Fragen beantwortete. Artikel geschrieben […]Weiterlesen

Das Museum wurde 2002 eröffnet. Bei der Eröffnung versammelten sich Hunderttausende von Ungarn vor dem Gebäude. Nach Jahrzehnten des Schweigens hat man einen Ort geschaffen, wo die nackte Wahrheit der Vergangenheit in der brutalsten, krassesten Form dargestellt ist.

Fact

… eine seltsame Geschichte vom Jahre 1971:  Flugzeugentführung in Rumänien

Im Frühjahr 1971 erregte es weltweit Aufsehen, als sechs Jugendliche in einer spektakulär organisierten Kommandoaktion ein rumänisches Flugzeug nach Wien entführten und nach der Landung in Österreich Asyl beantragten. Das Besondere an dieser Aktion war, dass die Entführung nicht im Luftraum, sondern am Boden passierte.

Der Drahtzieher der Entführung war der siebenbürgische Ungar Béla Moka. In seiner Jugend versuchte er, die Freiheit im Westen zu finden, weil er die verlogenen Prinzipien des kommunistischen Systems nicht ertragen konnte. Gleichzeitig glaubte er, dass er auf diese Weise ein großes Loch in das Netz des kommunistischen Systems schlagen könnte. Sein Plan ging in Erfüllung, und er fand eine Zeit lang seine Freiheit im Westen.

Wegen seines Heimwehs machte er sich jedoch im August 1975 auf den Weg nach Hause. Die rumänische Geheimpolizei hatte aber überall verdeckte Ermittler, und so hat man Béla Moka in Jugoslawien verhaftet. Er wurde der rumänischen Polizei übergeben und dann musste er seine 23-jährige Haftstrafe antreten. Man hat ihn nur aus dem Grund vorzeitig aus der Haft entlassen, weil im Januar 1988 anlässlich des 70. Geburtstags von Nicolae Ceaușescu (rumänischer Politiker, neostalinistischer Diktator) eine Generalamnestie erlassen wurde.
(Auszug aus dem Buch von Imre H. Daruszögi: Wofür die Glocke läutet)

Und zum Schluss die Worte eines ehemaligen Nationalgardisten, die wir alle zu Herzen nehmen sollten:

„Wir sollten uns bemühen, die heldenhaften Tage nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Gleichzeitig müssen wir unserer Jugend und den künftigen Generationen zeigen, dass wir unsere Helden nicht vergessen. Es gibt also keinen Grund, sich für die Erinnerung an 1956 zu schämen, obwohl den Ungarn jahrzehntelang eingetrichtert wurde, dass es sich um eine Konterrevolution handelte.

1956 half den Völkern Osteuropas, den Absolutismus abzuschütteln. Jedem steht es frei, sein Leben zu leben und seine Religion auszuüben. Niemand darf jemanden einschränken, dort zu leben, wo er es für richtig hält und wo es ihm am besten passt.“
(Quelle: Mezőkövesdi Újság, 23. Oktober 1993.)

(Quellen: bundesstiftung-aufarbeitung.de, kommunizmusaldozatai.kormany.hu, veritasintezet.hu, deutschlandfunk.de, rri.ro, Fotos: Fortepan/Horváth János és családja, Titelbild: MTI/Mohai Balázs)