Prominenter Politiker der "Brüder Italiens" liest Deutschland die LevitenWeiterlesen
Nach einer Rede, die siebzig Minuten dauerte und mehr als siebzig Mal Beifall erntete, gewann Meloni das Vertrauen des römischen Abgeordnetenhauses.
Der designierte Verteidigungsminister Guido Crosetto, in einem Interview mit dem Corriere della Sera wenig später, hob die beachtliche, für Italien mehr als ungewöhnliche Zeitperspektive der programmatischen Rede hervor.
Meloni stellte klar, dass diejenige, die Italien quasi unter Kuratel stellen wollen, ihre Zeit anderweitig sinnvoller nutzen könnten und sagte, dass die Italiener Erben des Schutzpatrons Europas, des Heiligen Benedikt seien und dadurch Vertreter einer Wiege der abendländisch-christlichen Zivilisation, die Respekt erwarten. Als Gründernation wolle Italien die europäische Integration nicht verhindern, sondern in Hinblick auf die vielfältigen Krisen wirksamer machen. Sie bekräftige das euroatlantische Engagement ihres Landes indem sie die Ansicht ablehnte, dass man die eigene Ruhe mit der Freiheit der Ukraine eintauschen kann.
Als Tochter einer Seefahrer-Nation bemühte die Chefin der stärksten Partei Italiens das Bild des Schiffes im stürmischen Meer, um die krisenbedingten Herausforderungen ihres Landes zu veranschaulichen. Mit einer nationalen Klausel in der Wirtschaft wolle ihre Regierung diese Schwierigkeiten meistern, indem die Großinvestoren in die Pflicht nimmt. Bezugnehmend auf die demografische Krise des Landes kündigte sie eine Politik an, welche die Bedürfnisse der jüngeren Generationen ernst nimmt und ihr Wachstum fördern will.
Die besten Umweltschützer sind die Konservativen, stellte sie fest, sie unterscheiden sich aber von den Vertretern grüner Ideologien dadurch, dass sie die Natur mit dem Menschen im Mittelpunkt schützen wollen.
Mit der von ihr geleiteten Regierung werden die Italiener in einer echten Chancengesellschaft nicht weniger, sondern mehr Freiheit in jeder Hinsicht erleben: Die Freiheit zu sein, zu tun, zu produzieren.
Die öffentliche Sicherheit soll zum Kennzeichen der neuen Mitte-Rechts-Regierung werden. Dazu gehört auch eine korrekte Handhabe der Migration, wo nicht die Menschenschlepper entscheiden, wer Aufnahme findet.
In ihrer Antwort auf eine Anfrage betreffend ihre außenpolitische Positionierung sagte Meloni:
Es sind nicht die Souveränisten, die in Europa das Sagen haben: Wir zitieren immer Orbán, aber wie nennen wir die Haltung Deutschlands in diesen Wochen? Ist das Europäertum? Ich muss keine Wahl treffen, meine Wahl ist immer und ausschließlich die Verteidigung der italienischen Interessen, ich werde niemals der Cheerleader von irgendjemandem sein“.
Sie wolle in der Außenpolitik die Tatsache berücksichtigt wissen, dass Nationen nicht immer dieselbe Vision haben und warb indirekt um Verständnis dafür, dass sie nicht die übernationale Sichtweise bevorzugen will, sondern von nationalen Interessen geleitet sein wird.
Eine Abgeordnete der PD fragte anschließend, wie die „Gespräche mit Macron und die Selfies mit Orbán und Bannon“ zusammenpassen würden und warf ihr eine Wendelhalspolitik vor, die Vorurteile gegenüber der Zuverlässigkeit ihres Landes bestätigen würden.
Später stellte der designierte Verteidigungsminister im oben zitierten Interview fest, dass seine Parteichefin „mit Le Pen und Orbán politisch nicht verbündet“ sei.
„Um an eine europäische Aggregation oder Integration zu glauben“, so Meloni an einer anderen Stelle im Laufe der Debatte, „muss man kein Föderalist sein. Oder will jemand behaupten, dass de Gaulle ein Feind Europas war?“ und brach eine Lanze für ein gleichberechtigtes Miteinander in der politischen Debatte um die Zukunft des Kontinents.
Beitragsbild: governo.it