György Dunda, Direktor der ungarischsprachigen Zeitung „Kárpáti Igaz Szó“ aus Transkarpatien (Ukraine) hat dem slowakischen Nachrichtenportal ma7.sk ein Interview gegeben. Hier die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.
Im sechsten Kriegsmonat sind die Menschen in Transkarpatien abgestumpft: Das Geräusch der Luftschutzsirenen ist Teil des Alltags geworden. Bis auf einen Zwischenfall hat es im Oblast (Region) mit bedeutendem ungarischem Bevölkerungsanteil keinen Luftangriff gegeben. Nicht daran gewöhnen können sich die Menschen, dass täglich mehr Opfer des Krieges zu Grabe getragen werden. Die ukrainische Führung behandelt die Zahl der Gefallenen als Staatsgeheimnis. Nur Schätzungen sind möglich. Allein in Uzhhorod sind über 20 Soldaten auf einer Friedhofsparzelle bestattet worden.
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Zwangsrekrutierungen sind vor allem in den Dörfern an der Tagesordnung. Leute aus den Militärhauptquartieren tauchen plötzlich auf und überreichen jungen Männern auf den Straßen oder sogar in den Privatwohnungen die Einberufungsbefehle. Das sorgt unter den ethnischen Ungarn für Empörung, weil sie diesen Krieg nicht als ihren ansehen.
Da die Massenmedien bemüht sind die Moral der Bevölkerung hochzuhalten, sind ethnische Ukrainer nach wie vor entschlossen sich der russischen Aggression zu widersetzen.
Obwohl Ungarn in den Kiewer Medien als unzuverlässiger Nachbar dargestellt wird, zeigt die unmittelbare Erfahrung das Gegenteil. Die regionale Verwaltung pflegt gute Beziehungen zu Ungarn, das im Gebiet gut wahrnehmbare Hilfe leistet.
Unter den Binnenflüchtlingen aus dem Südosten des Landes (0,5 zu 1,2 Million Einwohner der Region) gibt es keine anti-ungarische Stimmung, eher Spannungen zu den Ukrainern, da sie russisch sprechen. Die ukrainisch gesinnten aber russischsprachigen Geflüchteten konfrontieren sie nämlich mit der Aussage, der Krieg wäre ohne eine gewaltsame Ukrainisierung nicht ausgebrochen.
Diese Erfahrung scheint von der Kiewer Führung nicht beherzigt worden zu sein: Das größte Problem des neuen Minderheitengesetzesentwurfs besteht darin, dass er eindeutig nicht darauf abzielt, die Situation der Volksgruppen zu verbessern, da er nicht einmal den Begriff der Minderheiten verwendet.
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Es besteht die Möglichkeit, dass der Konflikt, wie im Jahr 2014, einfriert. Militärexperten sagen, dass es aufgrund des Geländes fast unmöglich ist, in den Herbst- und Wintermonaten groß angelegte Operationen durchzuführen. Dies könnte der Diplomatie eine Chance geben, eine Einigung zu erzielen.
Es scheint, dass die Zeit nicht auf Kiews Seite steht, denn der Krieg belastet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zunehmend. Darüber hinaus gibt es eine wachsende Zahl von Krisenherden in der Welt, die die Aufmerksamkeit von der Ukraine ablenken könnten.
Optimisten meinen, dass es in Transkarpatien noch 100.000 Ungarn gibt. Pessimisten halten dem entgegen, dass immer mehr junge Männer das Gebiet in Richtung Ungarn verlassen, um der Zwangsrekrutierung zu entgehen. In jedem Fall sind die Zahlen nicht gut.
Via ma7.sk, Beitragsbild: ma7.sk (Facebook)