„Die Bedingungen für den Neustart des Landes sind gegeben, aber die Schutzmaßnahmen dürfen weiter in Kraft bleiben“ – sagte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag in einem Radiointerview. Er stellte fest, dass die Beschränkungen im Lande schon vor zwei Wochen gelockert wurden. Jetzt schließt sich das Komitat Pest an, Budapest sei jedoch „die große Frage“.
Die meisten registrierten Infektionen und Todesfälle sind in der Hauptstadt, deswegen ist der Neustart des Lebens in Budapest noch fraglich. Der Premierminister bestand darauf, dass „schlechte Entscheidungen“, die in Budapest getroffen werden, hier am schwersten „zu korrigieren“ sind.
Gleichzeitig sagte Orbán, dass die Zahl der registrierten Infektionen zurückgegangen sei und die Bedingungen für die Wiederaufnahme des Lebens bald auch in Budapest gegeben seien.
Aber jeder muss sich verantwortungsbewusst verhalten
Der Premierminister werde am Samstagmorgen Nichtregierungsexperten konsultieren, bevor er am Nachmittag entscheidet, welche Schritte in Budapest unternommen werden sollen.
Der Premier kommentierte den Fall des Altenpflegeheims in der Pesti út in Budapest und sagte, der Bürgermeister der Stadt, Gergely Karácsony, würde „eine ausgezeichnete Studie darüber schreiben“, was dort passiert ist, „aber in der Zwischenzeit sind mehr als vierzig Menschen gestorben.“
„Wäre der Bürgermeister [Karácsonys Vorgänger] István Tarlós gewesen, wäre er dorthin gegangen und hätte persönlich die Kontrolle übernommen“, sagte Orbán und fügte hinzu, dass er alle Bürgermeister gebeten habe, in praktischen Angelegenheiten Verantwortung zu übernehmen.
Er sagte, dass die gegenwärtigen vorübergehenden Regelungen in Krippen und Kindergärten geändert werden müssen, damit Eltern ihre Kinder an ihren üblichen Orten lassen können. Diesbezüglich sei eine Vereinbarung mit den örtlichen Bürgermeistern erforderlich, da die meisten Krippen und Kindergärten von den örtlichen Gemeinden verwaltet würden.
Erst wenn dieses Problem geklärt ist, wird es möglich sein, uns mit den Schulen zu befassen
sagte er.
Über die Wiedereröffnung der Schulen sagte der Premier, es sei jetzt noch unmöglich zu sagen, ob dies in diesem Jahr geschieht.
Die Dinge können sich in wenigen Tagen ändern
„Kinder werden höchstwahrscheinlich keine Probleme haben, aber sie könnten die Infektion mit nach Hause nehmen, daher ist Vorsicht geboten“, fügte er hinzu.
„Wir konnten die wirtschaftlichen Hindernisse bisher gut überwinden“
Die Industrieproduktion ging im März in ganz Europa dramatisch zurück und der Tourismus „verschwand“ – so Orbán. Der Tourismus sei in Ungarn wichtig, die Industrieproduktion jedoch mehr, fügte er hinzu. Die Industrieproduktion ging in der gesamten EU um 12 Prozent zurück, in Ungarn um 10 Prozent. Dies zeigt, dass „wir Hindernisse bisher besser überwinden konnten“.
IWF: Ungarn wird nach der Corona-Krise im Spitzenfeld liegen
Orbán sagte, die Zahlen vom April würden „schrecklich“ sein, aber es gab Grund zur Hoffnung für Mai, und ab Juni könnten schnelle Fortschritte erzielt werden, um zum früheren Wachstumspfad zurückzukehren. Einige sehen den Rückgang des Wirtschaftswachstums als das größte Problem an, sagte er. Der Verlust von Arbeitsplätzen sei jedoch das Hauptproblem, fügte er hinzu.
„Ungarn muss in der Lage sein, neue Arbeitsplätze zu schaffen, um die durch die Epidemie ausgelöschten zu ersetzen“, sagte er. Er bemerkte, dass das von der Regierung geförderte Arbeitsprogramm bereit sei, 100.000 Menschen einzustellen, und dass das Militär auch auf junge neue Rekruten warte.
„Ungarn erwartet von der Europäischen Union, dass sie unsere Bemühungen hilft und nicht behindert“
„Wir befinden uns mitten in einer Pandemie mit rund 150.000 Todesfällen in Europa“, so Orbán. Ungarn gehört zu den Ländern mit den erfolgreichsten Schutzmaßnahmen. „Wenn eine echte europäische Zusammenarbeit erforderlich ist, ist es besorgniserregend, dass Brüsseler Bürokraten, für die wir bezahlen, damit beschäftigt sind, uns zu beleidigen.“
In Bezug auf das jüngste Urteil des luxemburgischen Gerichtshofs sagte Orbán: die Migration prägt die europäische Politik und die Entscheidungen Brüssels weiterhin.
Sie versuchen, die Mitgliedstaaten gegen ihren Willen dazu zu zwingen, Migranten in ihre Länder einzulassen.
„Aber sie werden es nicht schaffen.“
Wenn die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gegen die ungarische Verfassung verstößt, muss unsere Verfassung Vorrang haben, sagte er.
In Bezug auf eine kürzlich getroffene Entscheidung der Kuria (Ungarns Oberstes Gericht bestätigte eine frühere Entscheidung des Berufungsgerichts von Debrecen, wonach Roma-Kinder, die früher in der Schule im ländlichen Nordungarn getrennt wurden, Anspruch auf eine Entschädigung von insgesamt 100 Millionen Forint (285.000 EUR) haben. 60 Kinder aus Roma-Familien, die diskriminiert wurden, sollen nun entschädigt werden.) sagte Orbán, dass der fragliche Zeitraum vor allem unter der Amtszeit der vorherigen sozialistischen Regierung war, doch ist der Fall sehr wichtig, weil es da über ein Grundprinzip geht.
Die Regierung möchte, dass sich die Menschen in Ungarn und in ihrer eigenen Gemeinde zu Hause fühlen, so der Premier.
Es kann nicht vorkommen, dass sich die Mehrheit in ihrem eigenen Land als Fremder fühlen muss, damit sich eine Minderheit zu Hause fühlt
Orbán betonte, dass der ganze Fall von Organisationen ausgelöst worden war, die mit dem US-Finanzier George Soros verbunden sind. Laut Orbán gehe der Fall von Gyöngyöspata darum, „Geld zu verdienen“, sei aber auch „ein Angriff auf die Mehrheit“.
Der Premierminister nannte die Entscheidung der Kuria „unfair“ und sagte, es sei schwierig, die Gerechtigkeit in der Kleinstadt zu finden, „aber wir werden danach suchen“.
Es sind Gesetzesänderungen erforderlich, um zu verhindern, dass dies erneut geschieht – so der Premier.
(Beitragsbild: MTI – Zoltán Máthé)