In dem Szegeder Hotel müssen sie sich mit anderen Gästen aufhalten, die keine Maske tragen.Weiterlesen
Auch in Ungarn verbreitet sich die neue, agressive Mutation des Coronavirus rasant: aufgrund der raschen Ausbreitung von Omikron steigen die Fallzahlen an. Das Phänomen ist nicht einzigartig, und nicht neu: schon Anfang Dezember vermuteten die Wissenschaftler weltweit, dass die bisher größte Welle von Coronavirus vor uns stehen könnte. Die Frage war nur, ob die südafrikanische Mutante schwerwiegendere Symptome verursachen würde als Delta. In mehreren europäischen Ländern erreichen die Epidemie-Kurven neue Höchststände. Es gibt jedoch einen auffälligen Unterschied zwischen Ungarn und den anderen Ländern: Ungarn hat nicht beschlossen, seine Beschränkungen zu verschärfen, während andere Länder Beschränkungen eingeführt haben, als die Variante auftauchte, macht das Portal portfolio.hu darauf aufmerksam. Laut der Daten von der Universität Oxford gibt es kein anderes Land in Europa mit so lockeren Corona-Vorschriften.
In der vergangenen Woche begann die Handball-Europameisterschaft, die zum Teil von Ungarn ausgerichtet wird, und es gab einen großen Aufschrei unter den Sportlern, die hierher kamen, weil unsere Seuchenbekämpfung so locker ist. Die Franzosen nannten es sogar schockierend, dass sie obwohl selbst während der Weihnachtsfeiertage zu Hause vorsichtig waren, in Ungarn in einem Hotel mit Menschen „zusammengeschlossen“ sind, die keine Masken tragen.
Dieses Beispiel verdeutlicht die großen Unterschiede der epidemiologischen Vorschriften in Europa bzw. in der Europäischen Union. Was die Strenge betrifft, so gelten in Ungarn heute die wenigsten Beschränkungen europaweit. So ist unter anderem die Maskenpflicht nicht überall vorgeschrieben, und Immunitätsausweise werden praktisch nirgends verlangt, wohl aber bei großen Sportveranstaltungen und Konzerten. So können aber beispielsweise auch Personen, die im Frühjahr ihre zweite Impfung erhalten haben, weiterhin dorthin ohne Maske eingehen. Aber die meisten Wissenschaftler, auch in Ungarn, warnen, dass eine vor langer Zeit durchgeführte Impfung gegen Omikron keinen großen Schutz bietet.
Dies ist jetzt der einzige Bereich, in dem die Regierung doch strenger vorgehen will: Die Immunitätskarte, die bisher auch nach einer Genesung ausgestellt wurde, auch wenn jemand noch nicht geimpft ist, wird ab dem 15. Februar nur mit vollständiger Impfung gültig sein, was im Einzelnen heißt:
Die Regierung verlässt sich übrigens weiterhin auf die Impfung als einzigen Schutz. Mit anderen Worten: Was in unserem Land immer noch auf einem Rekordtief liegt, ist die Zahl der durchgeführten Tests. Wie die Regierung wiederholt betont hat, ist es nicht der Test, sondern der Impfstoff, der eine Infektion verhindern kann. Vielleicht, aber könnte es die Ausbreitung der Epidemie verlangsamen. Schließlich bleibt heute niemand mehr mit einer leichten Halsentzündung zu Hause, aber es wird auch nicht jeder Schnupfen mit teuren Tests untersucht. Zu Hause ist beispielsweise selbst ein Schnelltest für etwa 8.000 Forint (22,45 Euro) erhältlich, und ein PCR-Test ist mit 19.500 Forint (55 Euro) noch viel teurer. (Gelegentlich gibt es Sonderangebote und gelegentlich auch niedrigere Preise).
In den letzten zwei Jahren haben wir uns an die Verschärfung der Corona-Maßnahmen gewöhnt, als die Fallzahlen rasant stiegen (auch wenn sie dann später immer wieder zunehmend gelockert wurden). Während der Anstiegsphase war mindenstens eine Maskenpflicht eingeführt worden. Die Verbreitung der Omikron-Variante hat jedoch bisher keine strengeren staatlichen Maßnahmen ausgelöst.
Auch Skala der Universität Oxford zeigt lockere ungarische Maßnahmen
Die verschiedenen staatlichen Maßnahmen werden von der Universität Oxford auf einer Skala von 0-100 aggregiert. Das Universitätspersonal weist jeder Maßnahme eine Zahl nach einer objektiven Skala zu und summiert sie nach den geltenden epidemiologischen Regeln. Je höher der Index ist, desto strenger ist die Situation in dem Land.
In Ungarn liegt der Index jetzt bei 22 Punkten und ist seit dem Sommer nicht mehr wesentlich gestiegen
Das bedeutet, dass wir, abgesehen von einigen unbequemen Maßnahmen (z. B. die Notwendigkeit, bei bestimmten Veranstaltungen einen Immunitätsausweis vorzulegen), im Grunde genommen unser Leben vor der Epidemie leben.
Laut der Daten von der Universität gibt es kein anderes Land in Europa mit so lockeren Maßnahmen.
Sind wir lockerer als die Schweden?
Das „schwedische Modell“ war das meist kritisierte in der letzten zwei Jahren, was die Seuchenbekämpfung betrifft. Lange war Schweden das einzige EU-Land mit weniger strengen Beschränkungen als Ungarn, aber seither haben die Schweden ihre Maßnahmen verschärft. Die Schweden wurden beschuldigt (oder sogar gelobt), einen eigenwilligen, lockeren Weg zu verfolgen: während der ersten Welle im Jahr 2020 folgte das schwedische Krankheitsmanagement dem europäischen Muster, wobei die Einschränkung sozialer Kontakte im Mittelpunkt der Strategie stand. Betrachtet man den durchschnittlichen Schweregrad der Maßnahmen in Europa pro Tag seit dem Ausbruch der Krankheit, so liegt Schweden jetzt irgendwo im Mittelfeld.
Anders als in Finnland, Norwegen und Dänemark: laut Portfolio kombinierten diese Länder das europäische Isolationsmodell mit dem ostasiatischen „Tracking-Modell“. Die Finnen, Dänen und Norweger führten nur teilweise allgemeine Beschränkungen ein (z. B. bei Massenveranstaltungen) und setzten stattdessen auf eine strikte Unterdrückung lokaler „Hotspots“ und ein schnelles Eingreifen auf der Grundlage einer wirksamen Kontaktverfolgung. Das bisherige Ergebnis ist eindeutig: Bei lockeren Maßnahmen sind die Sterblichkeitsraten am geringsten.
Wenn wir den Durchschnitt der Beschränkungen für jeden Tag in den letzten zwei Jahren betrachten, gehört Ungarn zu den Ländern, die über die lockersten Maßnahmen verfügen – mit dem wichtigen Unterschied, dass wir keine effektive Kontaktverfolgung haben. Im Mittelpunkt der Verteidigung steht derzeit fast ausschließlich die Impfung. Wir haben eine sehr hohe Sterblichkeitsrate und befinden uns dabei unter den TOP-Ländern in Europa.
Die meisten Länder haben strengere Maßnahmen eingeführt, weil sie befürchten, dass die steigende Zahl der Fälle ihre Krankenhäuser überfordern könnte. Es bleibt zwar abzuwarten, ob Omikron zu massenhaften Krankenhausaufenthalten führen könnte, doch die rasche Ausbreitung der Krankheit auch wenn sie einen milderen Verlauf hat, könnten Anlass zur Sorge geben.
Tatsache ist auch, dass nicht nur die ungarische Regierung, sondern alle europäischen Länder eine hohe Durchimpfungsrate anstreben: Mehrere Regierungen gehen davon aus, dass die Omikron-Welle durch Impfungen eingedämmt werden kann, das Vereinigte Königreich hat seit dem 17. Dezember zum dritten Mal 33 Millionen Menschen geimpft, und Österreich plant, die Coronavirus-Impfung ab Februar zur Pflicht zu machen. Die Italiener haben das bereits für über 50-Jährige eingeführt. In Ungarn haben 3,2 Millionen Menschen eine dritte Impfung beantragt, und das Land hat eine Impfpflicht im Gesundheitswesen und in der öffentlichen Bildung eingeführt.
(Via: portfolio.hu, valaszonline.hu, Titelbild: MTI – György Varga )