Vertreter der Oppositionsparteien in Ungarn verurteilen den angeblichen Missbrauch der israelischen Spionagesoftware „Pegasus“ gegen ungarische Bürger durch die Regierung. Die Kritiker werfen der Orbán-Regierung vor, sie versuche, politische Gegner und unabhängige Journalisten durch den Zugriff auf ihre privaten Daten und die Überwachung ihrer Telefone zum Schweigen zu bringen, und bezeichnen den Skandal als „das ungarische Watergate“. Vertreter der Regierung weisen die Vorwürfe zurück und behaupten, „keine Kenntnis von solch verfassungswidrigem Verhalten zu haben“.
„Wir wollen wissen, wen die Regierung illegal abgehört hat“, fragte die stellvertretende DK-Vorsitzende Ágnes Vadai am Montag auf einer Pressekonferenz.
Vadai, die auch stellvertretende Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Verteidigung und Strafverfolgung ist, schlug vor, dass der Ausschuss sowohl den Ministerpräsidenten Viktor Orbán, als auch die Justizministerin Judit Varga sowie den Innenminister Sándor Pintér anhören sollte.
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Vadai sagte, dass die Software, die entwickelt wurde, um die Aktivitäten von Kriminellen und Terroristen zu überwachen, den Regierungen nur nach Genehmigung durch das israelische Verteidigungsministerium zur Verfügung stehe
Daraus folgt, dass die ungarische Regierung staatliche Behörden zur illegalen Überwachung ungarischer Staatsbürger benutzt hat
sagte sie.
Jobbik fordert Sondersitzung des Nationalen Sicherheitskomitees
Der Vertreter von Jobbik und Präsident des Nationalen Sicherheitskomitees, János Stummer, kündigte an, dass er das Komitee zu einer Anhörung der Fidesz-Politiker zusammenrufen wird.
„Wir wollen sachliche Antworten auf jede Behauptung des Artikels, denn jede Behauptung, die die Regierung nicht wirksam widerlegen kann, wird als Tatsache behandelt werden. Ebenso werden wir es als ein Schuldeingeständnis behandeln, wenn irgendein Regierungsbeamter oder ein regierungsfreundliches Mitglied des Komitees das Treffen boykottiert.“
Stummer glaubt, dass Fidesz versucht, das Thema zu bagatellisieren, aber „dies ist der ungarische Watergate-Skandal, und wenn Fidesz ihn vermeidet, ist das an sich schon ein Geständnis.“
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Orbáns ehemaliger Bildungsminister ermutigt die Ungarn zum Protest
Der ehemalige Bildungsminister und frühere Präsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, József Pálinkás, rief auf Facebook zu sofortiger Transparenz auf. Der Präsident der „Neue-Welt-Volkspartei“ (Új Világ Néppárt) zog zwischen dem Pegasus-Fall und dem Staatssicherheitsdienst der Sowjet-Ära eine Parallele.
Die ungarische Regierung benutzt das Instrumentarium von Diktaturen gegen ihre eigenen Bürger. […] nach 2022 muss jedes Detail, wie sie Pegasus (und andere Spionagesoftware) gegen ihre eigenen Bürger eingesetzt haben, aufgedeckt werden
Außerdem fordert Pálinkás alle „freiheitsliebenden Ungarn“, zivilen Organisationen und politischen Parteien auf, mit der Organisation einer Großdemonstration zu beginnen, um zu zeigen, dass „wir in einem freien, demokratischen Land leben wollen, das frei von Angst ist.“
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Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony: „Orbán bringt Schande über Ungarn“
Der Budapester Bürgermeister und Premierministerkandidat der Opposition, Gergely Karácsony, bezeichnete in einem Facebook-Post „das Schweigen der Regierung in der Pegasus-Frage“ als „nichts anderes als ein Schuldbekenntnis“. Der Kandidat von Párbeszéd, MSZP und LMP listete konkrete Fragen auf, auf denen er von der Regierung sofort eine Antwort kriegen wolle. Die Fragen sind folgende:
- Hat die Regierung die Software wirklich verwendet?
- Wenn ja, war die Verwendung rechtlich gerechtfertigt?
- Hatte sie eine rechtliche Erlaubnis, die Software auch bei Journalisten und Geschäftsleuten zu verwenden?
- Wenn der Geheimdienst die Software nicht verwendet hat, haben die ungarischen Behörden etwas gegen den Angriff auf die ungarische Souveränität unternommen?
(Via: Tamás Vaski – Hungary Today, Titelbild: MTI/Kovács Tamás)