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Pressebericht: Auch die Leibwächter von Staatspräsident Áder mit Pegasus-Spyware überwacht?

Ungarn Heute 2021.12.13.

Zwei hochrangige Führungskräfte der Präsidialgarde, die für den Schutz des ungarischen Staatspräsidenten János Áder und seiner Familie zuständig ist, wurden ebenfalls von Pegasus, der israelischen Spionagesoftware zum Hacken von Smartphones, ins Visier genommen, wie eine Untersuchung vom investigativen Nachrichtenportal Direkt36 ergab, berichtet Telex. 

Einem kürzlich erschienenen Artikel der Enthüllungswebseite zufolge, tauchen die Telefonnummern der Leibwächter in der durchgesickerten Datenbank auf, die solche Zielpersonen auflistet, die von bestimmten ausländischen Kunden der NSO-Group, dem israelischen Unternehmen, zur Überwachung ausgewählt wurden.

Eine der Zielpersonen ist Brigadegeneral Sándor Pomozi, der die Präsidialgarde aufgebaut und befehligt hat und zum Zeitpunkt der Überwachung noch Oberst war. Nach Angaben des Portals ist seine vertrauliche Beziehung zum Präsidenten dadurch belegt, dass er bereits 1999 (als Áder Parlamentspräsident war) am Schutz von Áder beteiligt war.

"Pegasus-Vertrag ist noch in Kraft, mehr als 100 Menschen sind von der Abhörung betroffen"

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsausschusses hat der Fidesz-Politiker Lajos Kósa einen Fehler gemacht, als er zugab, dass der Staat die israelische Spionagesoftware gekauft hat.Weiterlesen

Die andere Zielperson ist ein ehemaliger enger Mitarbeiter von Pomozi, Oberstabsfeldwebel Attila Viplak, der damals das taktische Unterstützungsteam der Präsidentengarde leitete. Normalerweise begleitete Viplak Áder auch bei privaten, familiären Programmen und Auslandsreisen und beschützte auch die Präsidentenfamilie.

Dem Artikel zufolge handelt es sich bei den Pegasus-Zielpersonen um die Sicherheitschefs, die über die detailliertesten Informationen über alle Programme und Treffen des Präsidenten und seiner Familie, einschließlich ihrer privaten Aktivitäten und Auslandsreisen, verfügen. Pomozi hat Zugang zu allen Informationen über den persönlichen Schutz des Präsidenten. Viplak, der inzwischen nicht mehr dem Dienst angehört, hatte (früher) den Auftrag, im Falle eines terroristischen oder militärischen Angriffs auf die ungarische Führung mit János Áder in einen Geheimbunker zu ziehen.

Viplak wurde im Sommer 2019 über zwei seiner Telefonnummern (privat und beruflich) von der israelischen Spionagesoftware erfasst, während Pomozis Nummer (er scheint ein wichtigeres Ziel gewesen zu sein) über einen viel längeren Zeitraum, nämlich ab Frühjahr 2019 für mindestens mehrere Monate, zur Überwachung ausgewählt wurde, berichtet die investigative Webseite.

Die Untersuchung von Direkt36 vermutet, dass die angeblichen Abhörungen wahrscheinlich das Ergebnis eines Konflikts innerhalb der ungarischen Strafverfolgungsbehörden sind. Ursprünglich hatte das TEK (Terrorabwehr) den Präsidenten seit 2012 geschützt, aber 2015 war das Vertrauen des Präsidenten in die Organisation, die von János Hajdu, dem ehemaligen Chef-Leibwächter von Ministerpräsident Viktor Orbán, geleitet wird, schwer erschüttert worden. Einem früheren investigativen Artikel zufolge wurde das Zentrum für Terrorismusbekämpfung (TEK) verdächtigt, dem Ministerpräsidenten Details über János Áders private Programme zugespielt zu haben. Die Journalistin, die in diesem Fall recherchiert hatte, geriet später ebenfalls ins Visier von Pegasus, obwohl es keine Beweise dafür gab, dass dies in irgendeinem Zusammenhang mit ihren früheren Recherchen stand. Die vertrauten Sicherheitsleute von Präsident Áder verließen TEK, nachdem ein verdächtiges mechanisches Gerät in der Residenz des Präsidenten gefunden worden war, und gründeten daraufhin eine neue Wachmannschaft zum Schutz von János Áder.

Auf Anfrage von Direkt36 sagte Pomozi, dass er sich gegenüber der Presse nicht äußern könne, aber Attila Viplak, der bereits im Ruhestand ist, beantwortete die Fragen des Portals ausführlich. Áders ehemaliger Leibwächter sagte, das Beunruhigendste an den Nachrichten sei für ihn, dass diejenigen, die ihn und seinen Vorgesetzten beobachten konnten, durch sie auch Informationen über den Präsidenten und seine Familie erhalten konnten.

Direkt36 hat auch das Präsidialamt über den Fall befragt, was sich zu den Presseberichten nicht äußern wollte.

Ungarische Journalisten und Geschäftsleute mit israelischer Spionagesoftware abgehört?
Ungarische Journalisten und Geschäftsleute mit israelischer Spionagesoftware abgehört?

Laut unterschiedlichen Presseberichten sollen Geheimdienste und Polizeibehörden mehrerer Länder die "Cyberwaffe" des israelischen Unternehmens (NSO Group) missbraucht haben, um die Mobiltelefone von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten abzuhören.Weiterlesen

Ungarische Journalisten und regierungsgegnerische Geschäftsleute könnten von der israelischen Cyber-Firma NSO mit ihrer Spionage-Software „Pegasus“ abgehört worden sein, die in der Lage ist, Smartphones zu hacken, hat das investigative Portal Direkt36.hu noch im Sommer aufgedeckt. Die Recherche wurde durch die französische Rechercheorganisation „Forbidden Stories“ und die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ geführt.

Da sich die Regierung weigert, Einzelheiten über den Einsatz der Spionagesoftware zu nennen, und lediglich betont, dass alle Überwachungsmaßnahmen in Ungarn im Einklang mit den einschlägigen Gesetzen stehen, wurde die Frage, wie oder warum die beiden Leibwächter für die Überwachung ausgewählt wurden, nicht beantwortet.

(geschrieben von Péter Cseresnyés – Hungary Today, Titelbild: Tibor Illyés/MTI)