Eine liberale Wochenzeitung sowie die Wochenendausgaben zweier wichtiger Tageszeitungen befassen sich mit den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament und dem, was ihrer Ansicht nach dabei auf dem Spiel steht. Presseschau von budapost.de.
Ferenc Kiss von der regierungsnahen Magyar Nemzet behauptet, dass die Wahl eine Angelegenheit von existenzieller Bedeutung für Europa sei. Nach Ansicht des Kommentators können ausschließlich christlich-nationale Parteien die europäische Zivilisation vor dem Zerfall bewahren. Umfragen zufolge werde der Fidesz am kommenden Sonntag voraussichtlich einen Sieg mit Zwei-Drittel-Mehrheit einfahren, während die Oppositionsparteien nicht einmal genügend Delegierte für die Vorstände der über 10.000 Wahllokale hätten rekrutieren können, notiert Kiss.
Der Fidesz greife im Wahlkampf auf eine rechtsextreme Rhetorik zurück, kritisiert Péter Németh. Der ehemalige Chefredakteur der linken Tageszeitung Népszava weist auf eine aktuelle Untersuchung des Corporate Europe Observatory hin, in der aufgezeigt wird, wie rechtsextreme Parteien den einwanderungskritischen, minderheitenfeindlichen und homophoben Diskurs zur Mobilisierung ihrer Wähler einsetzen würden. Németh erinnert daran, dass Parlamentspräsident László Kövér am Donnerstag den Klimawandel geleugnet und „Schwule verteufelt“ haben soll.
(Die staatliche Nachrichtenagentur MTI hatte berichtet, Kövér habe die Bedeutung der globalen Erwärmung heruntergespielt. Der dem Fidesz angehörende Parlamentspräsident wies jedoch entsprechende Vorwürfe zurück und beteuerte, dass ihm der Klimawandel Sorgen bereite und er das genaue Gegenteil von dem gesagt habe, was ihm zugeschrieben worden sei. In einer weiteren Stellungnahme lehnte Kövér die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ab und erklärte, dass in ihrem Fall – genau wie im Falle von Pädophilen – Kinder als Instrument der individuellen Verwirklichung dienen würden – Anm. d. Red.)
In seiner Schlussbemerkung wirft Németh dem Fidesz vor, die meisten solcher Themen übernommen zu haben, die früher auf der Agenda der vormals rechtsextremen Jobbik-Partei gestanden hätten.
In Heti Világgazdaság fordert Árpád W. Tóta die Wähler zur Unterstützung von Orbán-kritischen Kandidaten auf. Der für seine umstrittene Sprache und pointierten Ansichten bekannte Kommentator bezeichnet Fidesz-Wähler als „Zombies“, die auf die Lügen von Ministerpräsident Orbán hereinfallen und die korrupte sowie illiberale Politik der Regierung unterstützen würden. In einer Nebenbemerkung greift Tóta auch die Kritiker von Orbán innerhalb der EU an: Diese würden durch die Fokussierung ihrer Kampagne auf Orbán den ungarischen Regierungschef wichtiger und mächtiger erscheinen lassen, als er tatsächlich sei. Dennoch äußert Tóta die Hoffnung, dass die in der politischen Mitte angesiedelten Gegner Orbáns nach Gewinn einer Mehrheit im Europäischen Parlament ihre Macht dazu nutzen würden, den ungarischen Ministerpräsidenten zu bezwingen und zu schwächen.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI)