Vor 75 Jahre unternahmen mehr als 20.000 deutsche und ungarische Soldaten, die in der Budaer Burg noch verblieben und eingekesselt waren, einen Ausbruchsversuch Richtung Westen. Dabei starben die meisten von ihnen im Maschinengewehrfeuer sowjetischer Verbände. Auch ein Dreivierteljahrhundert später gehen die Meinungen über die Gedenkfeierlichkeiten anlässlich dieses Jahrestags weit auseinander. Presseschau von budapost.de.
Einige hundert Nazi-Nostalgiker haben den 75. Jahrestag unter der unzutreffenden Prämisse begangen, dass sie nichts mit dem „Tag der Ehre“ zu tun hätten, den Nazis alljährlich im Gedenken an die aus der belagerten Budaer Burg ausbrechenden Truppen begehen. Eine gleiche Anzahl von sich als Antifaschisten verstehenden Demonstranten versammelte sich in ihrer unmittelbaren Nähe, allerdings konnte die Polizei die beiden Gruppierungen auf sicheren Abstand halten. Später schlossen sich mehr als tausend Menschen einem Gedenkmarsch der wenigen hundert Überlebenden durch die Budaer Berge an. Der regierungsnahe Fernsehsender Hír TV bezeichnete die Gedenkfeierlichkeiten als friedlich und berichtete, dass deren Teilnehmer von Linken angegriffen worden seien. Daraufhin teilte der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony mit, er werde Hír TV so lange boykottieren, bis sich der Sender entschuldigt habe.
Im Gegensatz zu den rechtsextremistischen Teilnehmern des Marsches und der Kundgebung vom Sonntag seien die meisten derer, die sich auf den Weg durch die Budaer Berge begeben hätten, keine Nazi-Nostalgiker gewesen, notiert Zsófia Kisőrsi auf HVG. Sie habe die Teilnehmer selbst begleitet und unterwegs keine pro-nazistischen Äußerungen gehört. Allerdings sei sie hier und da auf einige Leute in deutschen Uniformen aus Kriegszeiten gestoßen.
Auf 888 verfasst Tamás Horváth eine Lobeshymne auf die Verteidiger der Budaer Burg: Sie seien Helden, die ihr Leben für die Verteidigung Europas gegen die bolschewistischen Horden gegeben hätten. Nach seinen Worten haben die Leitlinien des Erinnerns in den letzten Jahren eine positive Wendung genommen. Demnach sei es nunmehr möglich, an diesem Jahrestag würdige Gedenkfeiern abzuhalten. Horváth vergleicht die gefallenen deutschen und ungarischen Soldaten mit den Helden der Schlacht bei den Thermopylen und fordert, dass sie niemals vergessen werden sollten.
Áron Máthé hingegen weist darauf hin, dass Anfang Januar 1945 ungarische Soldaten auf beiden Seiten der Front gekämpft hätten. Einige Einheiten hätten die Seiten gewechselt, um die Budapest in beispielloser Weise verwüstenden Kämpfe zu beenden, so Máthé auf Mandiner. Er ignoriere keineswegs das Leiden der Soldaten, die im Winter 1945 um ihre Freiheit gelaufen und meist zur leichten Beute sowjetischer Maschinengewehre geworden seien. Dennoch fügt er hinzu: „Sie waren weder Europas Helden, noch waren sie die unseren.“ Es habe sich um einen nazistischen Albtraum gehandelt. Auch die russischen Soldaten sieht der Autor nicht als Helden. Er glaubt, dass Ungarn zwei sich bekämpfenden barbarischen Mächten zum Opfer gefallen sei. Die wahren Helden seien die Menschen in Budapest gewesen, die nach drei Monaten einer fürchterlichen Belagerung ihre Hauptstadt aus ihren Ruinen wieder aufgebaut hätten.
(Beitragsbild: Fortepan – Red Army)