Sowohl regierungsnahe als auch linke und liberale Kommentatoren sind sich einig, dass die 6. Runde der Russland-Sanktionen Ministerpräsident Viktor Orbán einen Sieg beschert hat. Uneinigkeit herrscht allerdings in der Frage, ob die Übereinkunft den langfristigen Interessen Ungarns dienen werde. Presseschau von budapost.de.
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Gergely Kiss von der Tageszeitung Magyar Nemzet betrachtet die Vereinbarung über das Öl-Embargo als einen Sieg für Ungarn sowie seinen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Nach Ansicht des regierungsnahen Kommentators kann die Regierung durch die Beschaffung von preiswertem Öl die Ungarn weiterhin mit billiger Energie versorgen, deren Preis sechzig Prozent unter dem EU-Durchschnitt liege.
Indem Orbán darauf bestanden habe, dass durch die russische Pipeline „Freundschaft“ belieferte Staaten das Recht zum Ausstieg aus der Vereinbarung erhalten sollten, habe er Deutschland, der Slowakei, der Tschechischen Republik sowie Polen einen großen Gefallen erwiesen. Sämtliche dieser Länder würden ebenfalls ihren Zugang zu russischer Energie behalten.
Laut Kiss hätte Ungarn bei einem Wahlsieg der Opposition im April all dies nicht erreicht. Auf diese Weise hätte der Sieg der Linken bereits tragische Folgen zeitigen können. Die auf russisches Gas künftig verzichtenden Länder würden, so Kiss, einen hohen wirtschaftlichen Preis für ihre Entscheidung zahlen. Hoffentlich werde die EU nicht versuchen, auch den russischen Gashahn zu schließen, da dies noch schwerwiegendere Konsequenzen als das Öl-Embargo haben würde, ist sich der Kommentator sicher.
István Marnitz erkennt an, dass es Ministerpräsident Orbán gelungen sei, die unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen Ungarns samt seiner vom russischen Öl abhängigen Nachbarn zu verteidigen. In Népszava äußert der linksorientierte Kommentator allerdings die Auffassung, dass eine bessere Alternative zum weiteren Geschäftetreiben mit dem bösen Präsidenten Putin darin bestanden hätte, die Investitionen in grüne Energien zu beschleunigen, durch die Ungarn ebenfalls unabhängig von Russland werden könnte.
Die ungarische Regierung habe sich den Zugang zu billigem russischen Öl sichern wollen, um die Energiepreissenkungen bewahren und noch mehr Steuern auf den „Extra“-Gewinn der Ölgesellschaft MOL erheben zu können, notiert Tamás Mészáros auf Telex. Der liberale Analyst ist zudem der Ansicht, dass auch die ungarische Wirtschaft betroffen sein werde, falls das Embargo das Wachstum in Europa bremsen sollte – ungeachtet des Ausstiegs aus dem Öl-Embargo.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: Zoltán Fischer/MTI/Pressebüro des Ministerpräsidenten)