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Presseschau von budapost: Handlungsempfehlungen für beide politischen Blöcke

Ungarn Heute 2020.02.03.

Sowohl der Fidesz als auch die Opposition haben die Parlamentswahlen des Jahres 2022 fest im Visier. Vor diesem Hintergrund denken zwei Kommentatoren über deren mögliche Wege zum Erfolg nach. Presseschau von budapost.de. 

In einem Beitrag für Magyar Nemzet macht Tamás Fricz den Fidesz darauf aufmerksam, dass die gemeinsamen Kandidaten der ansonsten extrem unterschiedlichen Oppositionskräfte eine echte Herausforderung für ihre Gegner aus den Reihen der Regierungspartei darstellen könnten. Deshalb schlägt er vier strategische Maßnahmen vor, die die Regierungspartei noch vor dem eigentlichen Wahlkampf in zwei Jahren in die Wege leiten sollte:

So empfiehlt Fricz zunächst, der Fidesz möge sich auf sein früher schon einmal verfolgtes Konzept namens „bürgerliches Ungarn“ besinnen. Damals habe man erfolgreich nationale und christliche Werte propagiert, um sich von den Kontrahenten zu unterscheiden. Dabei wachse die Mittelschicht in rasantem Tempo – und einzig sie könne dafür sorgen, dass eine Regierung längerfristig an der Macht bleibe. Der Slogan vom „bürgerlichen Ungarn“ könnte die Mittelschicht ansprechen, glaubt Fricz.

Zweitens verlangt der Publizist von den Regierenden, sie sollten sich dem Thema Umweltschutz zuwenden, da es zur Zeit praktisch monopolartig durch Linksliberale besetzt werde. Der Fidesz könnte die junge Generation erfolgreich für sich gewinnen, indem man dem Umweltschutzkonzept der radikalen Linken eine nüchternere Variante entgegensetze.

Drittens schlägt Fricz einfache und aufrichtige Denkmuster vor, wolle der Fidesz die neue Generation für sich gewinnen. So paradox es auch erscheinen möge, die Popularität von Bernie Sanders unter jungen Amerikanern sei ein Beleg dafür, dass es sich auszahle, schlicht und aufrichtig zu sein.

Schließlich glaubt Fricz, dass die modernen Online- und Medienkommunikationstechnologien – gewiss eine Stärke des Fidesz – mit der althergebrachten Strategie des Klinkenputzens verbunden werden müssten, um auf diese Weise persönliche Kontakte zum Wahlvolk zu knüpfen.

 

 

In einem Leitartikel für das Wochenmagazin HVG stellt Péter Hamvay die Frage in den Raum: „Wo sind Ungarns Sardinen?“ Angesichts des Berichts eines Journalistenkollegen aus Norditalien glaubt der Autor, dass die Bewegung junger Linker, die wie Sardinen in ihrer Büchse städtische Plätze belagert hätten, eine wichtige Rolle gespielt habe, um bei den Regionalwahlen vom vergangenen Sonntag den Vormarsch der Rechten in der traditionell links regierten Region Emilia-Romagna aufzuhalten. In Ungarn regiere die Rechte nunmehr seit fast zehn Jahren und verbessere ihre Taktik ständig. Mit diesen Worten erklärt Hamvay die Tatsache, warum die Opposition noch viel tun müsse, um beispielsweise die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen. Die Regierung habe erkannt, dass sie mit ihrer patriotischen und migrationskritischen Rhetorik nicht in der Lage sein werde, gebildete Städter von sich zu überzeugen. Folglich habe sie neue Themen wie den Umweltschutz aufgegriffen und suche nach seriösen Fachleuten, die für unentschlossene Angehörige der Mittelschicht oder Intellektuelle attraktiv sein könnten. So sei ihr neu gewählter Bürgermeister von Győr (siehe BudaPost vom 29. Januar) ein angesehener und politisch gemäßigter Kardiologe, während ein Stadtverkehrsexperte, der sich trotz seiner gegenüber dem Ministerpräsidenten gezeigten Loyalität nie an politischen Kontroversen beteiligt habe, damit beauftragt worden sei, die Strategie der Regierung für das im Oktober 2019 von der Opposition übernommene Budapest auszuarbeiten. Hamvay vermisst etwas Neuartiges, das die Opposition in zwei Jahren zum Sieg katapultieren würde. Und dieses fehlende Etwas könnten die „ungarischen Sardinen“ sein, vermutet der Kolumnist.

(Beitragsbild: MTI)