Linke und liberale Kommentatoren werfen der Regierung vor, sie versuche die Kulturfinanzierung zu zentralisieren. Ihre regierungsfreundlichen Gegenüber weisen diese Beschuldigungen zurück. Presseschau von budapost.de.
Am Freitag veröffentlichte das Nachrichtenportal Index.hu den Entwurf einer Regierungsvorlage, der zufolge Entscheidungen im Bereich Kultur künftig zentraler gestaltet werden sollen. Unter anderem räumt der Gesetzentwurf dem Minister für Humanressourcen ein Vetorecht bei der Ernennung von Intendanten der in kommunaler Trägerschaft befindlichen, aber auch von der Regierung subventionierten Theater ein. Gemäß dem ursprünglichen Entwurf würde der Nationale Kulturfonds, der für geförderte Kulturprojekte zuständig ist, durch einen Rat unter dem Vorsitz des Ministers für Humanressourcen ersetzt werden. Jetzt jedoch liegt dem Parlament die endgültige Fassung der Novelle vor. Demnach würde der Nationale Kulturfonds das wichtigste Entscheidungsorgan in Fragen der Kulturförderung bleiben. Dessen ungeachtet protestierten am Montag in Budapest Tausende Menschen gemeinsam mit Vertretern der Oppositionsparteien gegen die vorgeschlagenen Änderungen.
Róbert Friss wirft der Regierung vor, einen „totalen Kulturkrieg“ in Gang zu setzen, der an die Propagandastrategie von Joseph Goebbels erinnern würde. Der Kommentator der linken Tageszeitung Népszava bezeichnet die Regierung als eines jener autoritären Regime, die sämtliche Bereiche des sozialen und kulturellen Lebens dominieren und all jene unterdrücken wollten, die anderer Meinung seien. Die Regierung wünsche als Reaktion auf die Kommunalwahlen, bei denen die Opposition in elf Städten gesiegt habe, eine Zentralisierung von Entscheidungen über wichtige kulturelle Einrichtungen. Friss sagt voraus, dass der Kulturkrieg der Regierung bis zur Parlamentswahl 2022 immer verzweifelter geführt werden dürfte.
László Szily interpretiert auf 444 die Verwässerung der ursprünglichen, stramm auf Zentralisierung der Kulturausgaben ausgerichteten Regierungsvorlage als Hinweis auf einen Riss innerhalb der Regierungspartei. Der liberale Kommentator spekuliert, dass die Pläne der Regierung für eine Zentralisierung des kulturellen Entscheidungsfindungsprozesses viele rechtsgerichtete Künstler und sogar einige Fidesz-Parlamentarier „haben ausflippen lassen“.
In Magyar Nemzet weist András Kárpáti die Anschuldigungen der Opposition zurück. Vielmehr zielten die Maßnahmen der Regierung darauf ab, rechtsorientierte Theaterregisseure in Budapest zu schützen, die Bürgermeister Karácsony möglicherweise ersetzen wolle. Laut Einschätzung des regierungsnahen Kolumnisten wünscht die Regierung auch bei Entscheidungen über kulturelle Schlüsselpositionen – angesichts des Skandals um sexuelle Belästigungen von Theater- und Filmregisseur Péter Gothár (siehe BudaPost vom 28. November) – mehr Mitspracherechte. Kárpáti hält es für völlig gerechtfertigt, dass die Regierung mehr Einfluss auf Theater und andere kulturelle Projekte ausübe, würden sie doch größtenteils von der Regierung finanziert.
Dániel Galsai von Magyar Hírlap bezeichnet die Vorwürfe von Seiten der Opposition als ekelhaft. Der regierungsfreundliche Kommentator behauptet, linksliberale Künstler würden sich mit dem Vorwurf einer diktatorischen Herrschaft an die Adresse der Regierung lediglich mehr Finanzmittel sichern wollen. Die Liberalen wünschten sich die Zeiten zurück, in denen sie eine 95-prozentige Dominanz über das kulturelle Leben und die Medien ausgeübt hätten, argwöhnt Galsai.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: Katona József Színház – Facebook)