Ein linker Analyst vertritt die Auffassung, dass die neue Präsidentin der Europäischen Kommission eine entschiedene Gegnerin von Ministerpräsident Viktor Orbán sein werde. Eine regierungsfreundliche Kommentatorin wiederum glaubt, dass die deutsche Politikerin die Verdienste Ungarns im Auge behalten sollte. Eine Presseschau von budapost.de.
In Népszava wertet Miklós Hargtai die Wahl der EU-Spitzenbeamten als eine deutliche Niederlage für Ministerpräsident Orbán. Vor den Wahlen habe der Regierungschef noch geäußert, dass das gesamte Personal aus einwanderungskritischen Leuten zusammengesetzt sein und einem Vertreter der vier Visegrád-Staaten eine Führungsposition zugewiesen werden sollte. Keines dieser beiden Kriterien sei erfüllt worden, notiert Hargitai und verweist darauf, dass Ursula von der Leyen auf dem Höhepunkt der Migrationskrise im Jahr 2015 zur Demonstration ihres persönlichen Engagements eine syrische Familie in ihrem Privathaus beherbergt habe. Darüber hinaus wolle von der Leyen zwar die Grenzen Europas verstärken, aber gleichzeitig eine gemeinsame Einwanderungspolitik befördern, womit sie genau das Gegenteil dessen vertrete, was Orbán wünsche.
Auch Mariann Őry geht davon aus, dass nicht alle künftig unter der Ägide von der Leyens getroffenen Entscheidungen der Europäische Kommission Freude bei der ungarischen Regierung auslösen dürften. Dennoch müsse sich die neue Kommissionschefin angesichts der maßgeblichen Unterstützung durch Ungarn und Polen sowie seitens der Konservativen ganz allgemein verpflichtet fühlen, meint die Kolumnistin der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Hírlap und erinnert daran, dass zahlreiche liberale und sozialistische Abgeordnete des Europäischen Parlaments tatsächlich gegen sie gestimmt hätten. Budapest erwarte von ihr Anstrengungen zum Schutz der europäischen Außengrenzen, eine Anerkennung der Bemühungen Ungarns, Respekt für die vier Visegrád-Staaten und die Region insgesamt. Darüber hinaus sollte sie die Leistung der ungarischen Wirtschaft würdigen, statt das Land zu bestrafen. Zeige sie sich diesbezüglich aufgeschlossen, werde sie zuverlässige Verbündete gewinnen. Andernfalls werde sie auf harte Gegner treffen, schreibt Őry von der Leyen ins Stammbuch.