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Selenskyj kritisiert Berlin und Budapest wegen Veto gegen Energiesanktionen

Ungarn Heute 2022.03.31.
FIZETŐS

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nicht nur die Energiepolitik der ungarischen Regierung scharf kritisiert, sondern auch die sozialdemokratische Führung in Deutschland aus ähnlichen Gründen angegriffen. Sowohl Berlin als auch Budapest befürchten, dass ein vollständiger russischer Energieboykott, wie er von dem Ukrainer gefordert wird, ihren eigenen Ländern schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen würde.

„Jeder weiß sehr gut, wer in der Europäischen Union gegen Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand ist und wer überhaupt nichts tut, um den Frieden in der Ukraine herzustellen“ sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstag in einer Videoansprache vor dem dänischen Parlament und übte erneut scharfe Kritik an der Politik der Regierung Orbán gegenüber der Ukraine und sagte: „Das muss aufhören, und Europa muss aufhören, auf die Ausreden von Budapest zu hören“. Der ukrainische Präsident bezeichnete es als inakzeptabel, dass einige Länder die EU intern spalten und sogar jetzt versuchen, Russland zu helfen.

Es ist für einen normalen Menschen einfach unmöglich, sich das Ausmaß des Bösen vorzustellen, das in unser Land gebracht wurde! Deshalb fordere ich Sie auf, die Frage der Solidarität bei der Verteidigung der Freiheit, bei der Verteidigung der Menschlichkeit auf der Ebene der Europäischen Union anzusprechen

sagte Wolodymyr Zelensky.

Orbán: Ungarn steht auf der Seite Ungarns
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Der NATO-Gipfel habe deutlich gezeigt, dass die Mehrheit der Länder die ungarische Position teile, und die NATO habe auch klar erklärt, dass sie nicht Teil des Krieges sein wolle, so der Ministerpräsident weiter. Weiterlesen

Der ukrainische Präsident hatte bereits in der vergangenen Woche vor dem Europäischen Rat einen scharfen Ton angeschlagen, da er glaubt, Ungarn zögere, härtere, vor allem auf den Energiesektor ausgerichtete Sanktionen gegen Russland zu unterstützen.

Der Präsident der Ukraine möchte mit der ungarischen Regierung zwei Dinge erreichen. Die erste besteht darin, dass Viktor Orbán für die Ausweitung der Sanktionen auf den Energiesektor stimmt, was bedeutet, dass Ungarn kein Gas und Öl aus Russland kaufen darf. Seine zweite Forderung lautete, dass die ungarische Regierung Waffenlieferungen durch ihr Hoheitsgebiet zulassen und Waffen an die Ukraine liefern solle.

In seiner damaligen Antwort wies der ungarische Ministerpräsident die Forderungen Selenskyjs mit der Begründung zurück, sie würden den Interessen Ungarns zuwiderlaufen. Orbáns Pressechef sagte, die erste Forderung des Ukrainers sei, dass Ungarn die Ausweitung der Sanktionen auf den Energiesektor unterstützen und den Kauf von Gas und Öl aus Russland einstellen solle. Und seine zweite Forderung lautete laut Orbán, dass Ungarn Waffenlieferungen zulassen und Waffen [direkt] in die Ukraine schicken solle“. Gleichzeitig helfe Ungarn den Kriegsflüchtlingen „mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, und leistet ihnen humanitäre Hilfe“.

Orbán: "Bei den Parlamentswahlen am Sonntag steht das Risiko eines Krieges auf dem Spiel"
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Das national gesinnte politische Lager in Ungarn hat deutlich gemacht, dass "wir auf der Seite des Friedens stehen und Ungarn nicht in den Krieg hineinziehen wollen" sagte der Ministerpräsident am Montag dem privaten Nachrichtensender HírTV.Weiterlesen

Selenskyj auch mit Berlin nicht zufrieden

Der ukrainische Präsident kritisierte nicht nur die ungarische Regierung, sondern auch die deutsche Führung. Infostart hat britische und französische Nachrichtenberichte ausgewertet, wonach Selenskyj den sozialdemokratischen Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Online-Rede in der Plenarsitzung des Bundestages am 17. März angegriffen und zum Boykott aufgerufen hat. Der ukrainische Präsident kritisierte die deutsche Führung scharf dafür, dass sie in der Ukraine die Wirtschaft über das Leben von Menschen stellt. Der Ukrainer sagte, der Bau von Nord Stream 2 sei Zement für den Bau einer neuen Mauer.

Wie auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung darüber berichtetet wies Bundeskanzler Olaf Scholz die Kritik auch in der Talkshow von Anne Will  zurück, Deutschland finanziere den Krieg in der Ukraine mit seinen Energieimporten aus Russland mit. Auch einen sofortigen Importboykott lehnt der SPD-Politiker abermals ab.

Wie er sagte:

Wir sprechen hier von einer unglaublichen Anzahl von Arbeitsplätzen. Würden diese Importe über Nacht gestoppt, müssten ganze Industriezweige stillgelegt werden

Auch den ukrainischen Vorschlag eines einmonatigen Embargos lehnte Scholz ab. Verantwortliche Politik müsse den Mut haben, die Wahrheit auszusprechen. „Und die Wahrheit ist, dass wir eine erhebliche Wirtschaftskrise auslösen würden, wenn wir das machen würden.“

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Experten sind der Meinung, dass Putins Forderung, die Gasrechnungen in Rubel bezahlen zu müssen, unrealistisch sei. Weiterlesen

Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts des Mathias-Corvinus-Collegiums, erklärte gegenüber InfoRadio, dass eine vierköpfige deutsche Familie in diesem Jahr mit jährlichen Mehrausgaben von 2.000 Euro rechnen müsse, da die Energiepreise innerhalb eines Jahres um 20 % gestiegen seien. Die Situation in Ungarn und Deutschland sei sehr ähnlich, da rund 55 Prozent der deutschen Gasversorgung aus Russland stamme, was eine hohe Abhängigkeit bedeute.

„Würden wir ihn über Nacht auf Null senken, stünde die deutsche Wirtschaft vor enormen Herausforderungen. Natürlich kann das Problem nicht sofort gelöst werden, und ich denke, Olaf Scholz verfolgt eine kluge und ausgewogene Politik, und er sieht das klar. Es gibt immer politische Posen und es gibt konkrete Lösungen in der Realpolitik, und Deutschland betreibt in dieser Hinsicht jetzt eine Realpolitik“ so der Experte schließlich.

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(Quellen: Hungary Today, index.hu, Titelbild: MTI/AP)