Obwohl laut einer Studie der Universität Tel Aviv die Zahl der Angriffe gegen die jüdische Gemeinschaft im vergangenen Jahr weltweit drastisch gestiegen ist, ist Ungarn weiterhin eines der sichersten Länder für Juden in Europa.Weiterlesen
„Ein koscheres Zuhause für jüdisch-ukrainische Flüchtlinge“: Unter diesem Titel veröffentlicht The Jerusalem Post eine Reportage über Ukrainer jüdischen Glaubens, die in einem ehemaligen Feriendorf am Plattensee eine Bleibe gefunden haben, die für ihre Bedürfnisse eingerichtet wurde.
Das Areal in Balatonöszöd bietet auf 18 Hektar Platz für etwa 500 Menschen. Koscheres Essen, ein geeigneter Rahmen für die Glaubensausübung, Unterricht für die Kinder, Betreuung für Frauen und ältere Menschen und nicht zuletzt sorglose Tage für alle, die vom Krieg heimgesucht wurden: Das waren die Ziele, die von Slomó Köves und Meir Stambler wenige Tage nach dem Ausbruch des Krieges angepeilt wurden. Köves, Oberrabiner der „Vereinten Glaubengemeinde der Israeliten in Ungarn“ (EMIH) kontaktierte mittels Gesandten den Vorsitzenden der „Föderation jüdischer Gemeinden der Ukraine“ (FJCU) und bot seine Hilfe an. Mit der tätigen Unterstützung der ungarischen Regierung wurde die heruntergekommene Feriensiedlung im Eiltempo auf Vordermann gebracht und den Erwartungen der Chabad-Bewegung angepasst. Die weltweit größte jüdische Organisation sieht ihr Hauptziel darin, Juden, die sich von der Religion und den jüdischen Gemeinden entfremdet haben, in das Gemeindeleben einzubinden.
Eine Familie aus Odessa und eine aus Charkiw stehen im Mittelpunkt des Berichts. Mutter und Töchter der ersten Familie kam im März nach Balatonöszöd, nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin. Der Vater schloss sich ihnen drei Monate später an. Sie fühlen sich hier gut aufgehoben, besser als in der deutschen Hauptstadt, nur macht ihnen die unsichere Zukunft zu schaffen. Die Einwanderung nach Israel wird in Erwägung gezogen.
Die „Aliyah“ (Die Rückkehr von Juden als Einzelne oder Gruppen ins Land Israel) ist auch für die gut situierte Familie aus Charkiw eine Option, nachdem eine Rückkehr in die zerstörte Heimatstadt immer unwahrscheinlicher erscheint. Eine Woche nach dem Ausbruch des Krieges kam die Mutter mit dem siebenjährigen Sohn in einem überfüllten Zug nach Lemberg. Auch wenn die westukrainische Stadt weit sicherer als die in Trümmern liegende Großstadt in der Landesmitte schien, entschied sich die Familie für die Einrichtung am Plattensee. Auch in diesem Fall kam der Mann Monate später dazu. Die offensichtlich säkularisierten Juden – der Sohn wünscht sich vom Weihnachtsmann das Geschenk des Friedens – pauken fleißig Hebräisch und besprechen das Für und Wider einer Auswanderung nach Israel.
Slomó Köves bedauert zwar, dass immer mehr Juden der Ukraine den Rücken kehren, sieht aber Israel als die natürliche Heimstätte aller Juden weltweit. Am Beispiel der beiden Familien wird deutlich, dass den Lubawitschern (der bekanntere Name der Chabad-Bewegung) eine mögliche Entscheidung für „Eretz Israel“ mehr als recht ist.
In einem Anfang Juli geschriebenen Brief an Viktor Orbán bedankte sich Meir Stambler für die humanitäre Hilfe Ungarns:
„In Zeiten der Instabilität und Unsicherheit brauchen wir mehr denn je Freunde und gegenseitige Unterstützung. Leider haben wir in letzter Zeit erlebt, dass sich die unheilvolle Prophezeiung der Bibel erfüllt hat: ‚Am Morgen sagst du: Wäre es doch schon Abend! Und am Abend sagst du: Wäre es doch schon Morgen!‘ In Europa tobt ein schrecklicher und blutiger Krieg. Millionen von Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, in der Hoffnung, eine sicherere Zukunft zu finden. Deshalb halten wir es für sehr wichtig, dass Ungarn von den ersten Momenten der Krise an mit gutem Beispiel vorangegangen ist und bedürftigen Ukrainern, darunter auch Mitgliedern der jüdischen Gemeinschaft, geholfen hat.“
Via The Jerusalem Post, mandiner.hu Beitragsbild: Slomó Köves Facebook