Viele ukrainische Flüchtlinge kommen aus der Ukraine nach Ungarn, und viele andere planen, dies zu tun. Wir haben Informationen darüber gesammelt, was zu tun ist, wenn Sie einer von ihnen sind.Weiterlesen
Es ist der siebte Tag des russisch-ukrainischen Krieges. Hunderttausende sind auf der Flucht. Ungarn hat seine Grenzen geöffnet und empfängt die flüchtenden Mengen mit großer Fürsorge an den Grenzstationen. Wir waren bei der Katholischen Caritas in Barabás und den Maltesern in Beregsurány zu Gast. Vor-Ort-Bericht der Ungarn Heute-Korrespondenten, die am Dienstag an die ungarisch-ukrainische Grenze gereist sind. Die vor dem Krieg flüchtenden Menschen erzählten ihnen herzzerreißende Geschichten. Die Autorin unseres Artikels, Éva, spricht ausgezeichnet Russisch, so dass sie auch ohne Dolmetscher mit ukrainischen Bürgern sprechen konnte.
Drei Frauen sitzen um ein 5 Monate altes Baby auf dem Bett. Urgroßmutter; ihre Tochter die Großmutter und die Mutter des Kindes, ihre Schwiegertochter. „Nachdem die Friedensverhandlungen scheiterten, konnten wir nicht anders. Wir mussten Haus und Vieh zurücklassen. Uns nehmen Verwandte auf, aber unser Zuhause ist in Fornos. In diesem kleinen Dorf sind die Häuser fast leer. Nur die Alten blieben zurück. Ob wir je heimkehren werden?…
Die Familie Bányai ist eine von den hundertausenden, die ihr Land verlassen mussten. Sie sind jetzt in Sicherheit, haben bei der Katholischen Caritas in Barabás Zuflucht gefunden. Die ungarischen Hilfsorganisationen, so die Malteser, Caritas, das Rote Kreuz, die Hilfsdienste verschiedener Konfessionen arbeiten in Koordination, sie sind an allen Grenzstationen anwesend. Die Zusammenarbeit – Kommunen der Dörfer, staatlichen Behörden, Zivilpersonen, zahlreiche Freiwillige – ist beispiellos, es wird vollständige Fürsorge den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Was gewährt wird, ist viel mehr als Essen, Kleidung: die Menschen werden aufgenommen, es wird ihnen zugehört, und ihnen wird weitergeholfen.
Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist überwältigend, eine große Welle der Solidarität wird im ganzen Land gezeigt
Pater Ferenc Árvai, Direktor der Caritas der Erzdiözese Eger ist seit Tagen in Barabás. Er ist überall da, vor allem sorgt er für eine gute Stimmung.
Erschöpfte Menschen kommen hier an, stundenlang ausgehart bei eisigen Temperaturen, aus Unsicherheit, nach tagelanger Reise. Sie brauchen Ruhe und gutes Wort. Die meisten Flüchtlinge sind Mütter und Großmütter mit Kindern. Sie beruhigen sich, wenn sie sehen, dass ihre Kleinen wieder lebhaft werden. Wenn ihre Bäuche voll sind, erweckt es in ihnen das Kind, und sie können wieder lachen, spielen
In dem großen Saal des Dorfkulturhauses sind Betten aufgestellt. Die Sonne erhellt den Raum, es ist warm und ruhig hier. Auf den Betten spielt ein Mädchen mit einer Puppe, Jungs sind mit ihren Handys beschäftigt, eine Mutter deckt ihre schlafende Tochter ein. Die erste Station auf der Flucht gibt den Menschen Kraft und Hoffnung. „Ihr Tank“ wird hier mit der liebevollen Zuwendung der Freiwilligen aufgefüllt. Sie werden hier nicht nur mit allem notwendigen versorgt, die Wohlfahrtsorganisationen kümmern sich auch um das Weitere: sie helfen den Menschen weiterzufahren, besorgen Unterkunft, falls das gewünscht wird.
In den ersten Tagen der russischen Invasion machten sich vor allen Mitglieder der in Transkarpatien wohnenden ungarischen Minderheit auf den Weg. Jetzt kommen vermehrt Menschen aus der Ost-Ukraine. So auch Oksana, eine junge Mutter mit zwei Kindern aus Kiew. Sie waren vier Tage unterwegs. Der Mann hat sie zur Grenze gebracht. Er darf und will nicht weg – mit Tränen in den Augen erzählt die Frau, dass ihr Mann für die Heimat kämpfen will.
Werden wir einander je wiedersehen? Wird es ein Zurück geben?
Oksana sagt
der Krieg ist scheußlich, Krieg ist Wahnsinn. Mein Mann entschied, wir müssen unsere Kinder in Sicherheit bringen, uns ist das gelungen, wir sind hier in sicherer Obhut. Dank der Caritas wissen wir auch, wie es weitergehen kann. Aber ich habe so große Angst, um die, die ich liebe
An den Stationen in Barabás und Beregsurány herrscht lebhaftes Treiben. Ständig bringen Kleinbusse neue Menschengruppen von der Grenze. Stundenweise werden hier 200 Menschen versorgt. Die Aussteigenden werden sofort angeredet und in die Wärme des Empfangsaales invitiert. Sie sind erschöpft, die Freiwilligen achten darauf, dass sie in Kontakt kommen. Das Lächeln und die freundliche Zuwendung erweckt Vertrauen. „Das ist hier vor allem vonnöten“ – sagt Attila Vándor, Freiwilliger der Malteser. Die ersten Gespräche zeigen, wer was braucht. Gewünscht wird in erster Linie Transport. „Bisher konnten wir alle Wünsche einfach erfüllen. Menschen – Attila zeigt auf drei Taxis – kommen spontan, und bieten ihre Dienste an.“ Zsolt Kocsis mit zwei Kollegen ist aus Tatabánya hier. Ihre Familien und Verwandtschaft hat eine große Menge an Lebensmitteln spendiert. Das haben sie hierher gebracht, nun werden sie drei Familien nach Budapest fahren. Gekümmert wird auch um Unterkunft.
Die Zentralen, das Hinterland der Hilfsorganisationen empfangen Angebote, so dass jedem eine Bleibe gesichert wird. Inzwischen wird sich auch um Versorgung der ukrainischen Gebiete gekümmert. Beispiellose Mengen an Lebensmitteln, Kleidung, Medikamente werden nach Transkarpatien geliefert. 400.000 Menschen aus den östlichen Kriegsgebieten sind nach Transkarpatien evakuiert, in Gebiete, wo große Not herrscht. Die Menschen leben dort von Tag zu Tag, die Versorgungsituation ist kritisch. Die Malteser arbeiten an einer systematischen, dauerhaften Zulieferung. Durch die lokalen Partnerorganisationen gelangt die Hilfe rasch und direkt zu den Menschen. Dank den Hilfslieferungen ist kein Mangel an Grundnahrungsmitteln wie Brot.
Angst um die Zukunft ist in den Herzen aller Menschen. Der Krieg fordert immer mehr Opfer, wird es noch das Zuhause geben? Gibt es ein Zurück? Die Zukunft ist unsicher.
(geschrieben von Éva Trauttwein, Fotos: Attila Lambert)