Unter den G20 – den 19 größten Volkswirtschaften der Welt plus der Europäischen Union – finden bzw. fanden 2022 in Frankreich, Brasilien, Indien, Südkorea und Australien Präsidentschafts- oder Parlamentswahlen statt. Aus ungarischer Sicht waren die französischen Präsidentschaftswahlen am interessantesten, da Frankreich eine der Säulen der EU ist, so das Portal Privatbankar und macht darauf aufmerksam, dass die andere Deutschland ist, das im vergangenen Jahr einen Regierungswechsel vollzogen hat: Nach 16 Jahren ging die Ära Merkel zu Ende und eine sozialdemokratisch-grünliberale Koalition übernahm die Regierung. An diesem Wochenende fanden sowohl in Slowenien als auch in Frankreich Wahlen statt, die Verbündeten von Ungarns Ministerpräsident sind aber an diesen gescheitert.
In Frankreich war die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen am Sonntag mit 72 % relativ niedrig. Vor fünf Jahren standen sich Emmanuel Macron und Marin Le Pen ebenfalls in der zweiten Runde gegenüber. Le Pen erhielt damals 33,9 % der Stimmen, während Macron mit 66,1 % gewählt wurde. Im Jahr 2022 hat die Kandidatin den Rückstand leicht verringert, aber der Sonntag brachte immer noch einen komfortablen Sieg für Macron: Letzterer erhielt 58,5 Prozent der Stimmen, Le Pen 41,4 Prozent, laut france24.com.
Es ist nicht lange her, dass sowohl der französische Präsident Emmanuel Macron als auch seine Konkurrentin, die rechtsradikale Le Pen, kürzlich Budapest besucht hatten. Und obwohl das Treffen zwischen Macron und Orbán in einem versöhnlichen Ton verlief, traten erhebliche Meinungsverschiedenheiten auch zutage. Der ungarische Premierminister steht allerdings Le Pen politisch sehr viel näher, so dass er es sicherlich vorgezogen hätte, wenn sie am Sonntag die französischen Wahlen gewonnen hätte. Es ist auch interessant zu erwähnen, dass die MKB Bank, die mehrheitlich dem Schulfreund von Premierminister Viktor Orbán, Lőrinc Mészáros gehört, den Wahlkampf der rechtsradikalen französischen Präsidentschaftskandidatin Marine le Pen mit einem Kredit finanziert hat.
Während ihres Besuchs in Budapest im Oktober hat Le Pen „anerkannt, dass Ungarn niemals Kompromisse eingegangen ist und niemals aufgegeben hat, seine alte Identität zu schützen“.
Le Pen dankte Orbán für die „substanziellen und konstruktiven Gespräche über die Zukunft Europas und die Position und Bedeutung der Mitgliedsstaaten, die den Block bilden“. Auch Orbán lobte damals die Franzosin und sagte:
Frau Le Pen hat den große Verdienst, dass ihr politisches Lager angesichts eines föderalen Europas, der Migration und der Globalisierung zu einem kritischen und unausweichlichen Akteur geworden ist (…) das souveränistische Lager ist zu einer unausweichlichen Kraft in der europäischen Politik geworden, und auch wir wollen ein Europa der Nationalstaaten sehen
Es war auch lange die Rede davon, dass die aus der Volkspartei ausgetretene Fidesz mit der französischen Partei von Le Pen Rassemblement National (früher Nationale Front) und der Italienischen Lega und anderen ähnlichen Parteien eine gemeinsame Fraktion im Europäischen Parlament bilden würde, was jedoch bisher nicht zustande gekommen ist.
Auch der neugewählte Macron besuchte noch Ende 2021 Budapest. Dabei betonte der ungarische Ministerpräsident: „Ungarn respektiert Frankreich und seinen Präsidenten Emmanuel Macron“. Doch kamen auch kritische Fragen beim Treffen auf. Macron sagte unter anderem
Auch wenn Frankreich und Ungarn ihre Meinungsverschiedenheiten haben, ist Frankreich ein loyaler Partner Ungarns und pro-europäisch. Frankreich schätzt den Patriotismus und den gegenseitigen Respekt, den wir und die anderen Mitgliedstaaten füreinander haben
so der Franzose.
Ungewöhnlich für Regierungschefs setzte sich Macron bei seinem Besuch in Budapest auch mit der Opposition zusammen.
Am vergangenen Wochenende fanden aber nicht nur in Frankreich Wahlen statt. In unserem Nachbarland wurde ebenfalls gewählt.
Ungarischer Regierungsverbündeter auch in Slowenien gescheitert
Die Partei des bisherigen rechtspopulistischen slowenischen Ministerpräsidenten Janez Janša, die SDS, hat bei der gestrigen Wahl 23,53 Prozent der Stimmen erhalten und wurde damit von der erst vor wenigen Monaten gegründeten Freiheitsbewegung von Robert Golob, die mit links-grünen Themen in den Wahlkampf gezogen ist, mit 34,5 Prozent deutlich geschlagen, wie Politico berichtet. Die SDS unter der Führung von Janša hat versucht, die ungarische Regierungspartei zu kopieren. Sie hat versucht, den Medienmarkt so weit wie möglich zu „magyarisieren“, und hat dabei Hilfe aus Ungarn erhalten. Der Eigentümer von TV2, József Vida, kaufte Planet TV in Slowenien und hatte später Pläne, Radiosender zu kaufen, berichtet das Portal Forbes.
Die Expansion der ungarischen Regierung in Slowenien ging so weit, dass Ungarn nach Angaben der Nationalbank mit über eineinhalb Milliarden Euro der größte ausländische Investor in Slowenien wurde.
Das Europäische Parlament hat in der letzten Zeit wiederholt das Fehlen von EU-Werten in Slowenien kritisiert und in seinem Abschlussbericht festgestellt, dass das Niveau der öffentlichen Debatte, die feindselige Atmosphäre, das Misstrauen und die tiefe Polarisierung im Land zutiefst beunruhigend sind.
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Orbán in Slowenien: "Mitteleuropa wird die Krise schneller überwinden als der Rest des Kontinents"Der Zeitpunkt für die Erholung Mitteleuropas könnte "nicht besser sein", da die Weltwirtschaft am Rande einer neuen Ära steht, so Orbán und fügte hinzu, dass sowohl Ungarn als auch Slowenien aus der Krise "als Gewinner hervorgehen könnten".Weiterlesen
Weitere wichtige Wahlen im Jahr 2022
Ein – wenn auch entfernter – Verbündeter Orbáns ist auch Jair Bolsonaro, der als tropischer Trump bezeichnet wird und über den die brasilianischen Wähler im Oktober entscheiden werden.
Bolsonaro führt seit 2018 die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, nachdem er die Präsidentschaftswahlen mit einem Erdrutschsieg gewonnen hat – bei seiner Amtseinführung in der brasilianischen Hauptstadt war auch Ministerpräsident Viktor Orbán anwesend.
Im April wurden nicht nur in Ungarn und Slowenien Wahlen abgehalten, sondern auch in Serbien. Im Juni werden die Staatsbürger in Malta, im September in Schweden und im Oktober in Lettland und Bosnien und Herzegowina zu den Wahlurnen gerufen.
(Via: Privatbankar.hu, Forbes, Titelbild: MTI – Fischer Zoltán)