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GlovEye: Ungarische Erfindung ermöglicht Blinden und Sehbehinderten das Lesen

Ungarn Heute 2019.04.10.

Dank der innovativen Idee eines jungen ungarischen Ingenieurs (GlovEye) können Blinde und Sehbehinderte gedruckten Text mithilfe einer Smartphone-App lesen, die Text in Braille-Schriftform umwandelt. Hungary Today sprach mit Ábel Csathó, dem Projektmanager des Teams, über die Perspektiven der bahnbrechenden Erfindung. Geschrieben von Ábrahám Vass, ins Deutsche übersetzt  von Ungarn Heute.

Was hat die Erfindung inspiriert?

Einer unserer ehemaligen Teammitglieder, ein Ingenieur, fuhr mit der Straßenbahn, als er einen blinden Mann in der Menge sah, sich über eine „Call-Back-Applikation“ zu ärgern, wodurch gerade ein geschriebener Text vorgelesen wurde. Eines der größten Probleme bei dieser Anwendung besteht darin, dass sie das wichtigste Organ des Benutzers, das Ohr, vollständig ausfüllt. Nachdem er dies gesehen hatte, überlegten er und ein anderer Ingenieur an eine Lösung mit Braille-Schrift. Dies führte zu dem Konzept von GlovEye.

Foto: Péter Csákvári – hungarytoday.hu

Viele Startups generieren ziemlich viel Geld. War Geld ein großer Motivator für Sie?

Nein, und ich glaube nicht, dass Geld jemals ein Hauptmotivator sein sollte. Das Hauptproblem und die technische Herausforderung waren die Treibkräfte. Wir bekamen die Gelegenheit, am „Microsoft Imagine Cup“ teilzunehmen, der als entscheidender Meilenstein für die Fertigstellung des Geräts diente. Unser Team gewann die nationale Runde und hatte dadurch die Möglichkeit, am Weltfinale in Seattle teilzunehmen.

Fact

Wie funktioniert GlovEye? Mit einer Smartphone-App von GlovEye können Benutzer einen gedruckten Text nach Wunsch scannen. Die App sendet sogar eine Warnmeldung, wenn der Benutzer beim Scannen versehentlich einen Teil des Texts ausgelassen hat. Das Gerät projiziert den Text dann als Braille-Schrift, die der Benutzer mit der Spitze des Zeigefingers ablesen kann.

Wie viele Personen sind im Team?

Insgesamt drei bis vier. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch nur zwei von uns aktiv.

Wo haben Sie Leute gefunden, die Ihnen beim Test des Geräts helfen?

Der Ungarische Verband der Blinden und Sehbehinderten (MVGYOSZ) hat uns in dieser Phase geholfen.

Wie haben sie, die Betroffenen auf eine erfolgreiche Erfahrung mit GlovEye reagiert?

Sehr positiv; jemand konnte zum ersten Mal eine Zeitung lesen und ein anderer fing sofort an, Harry Potter zu lesen.

Hat jemand ein Buch erwähnt, das sie gerne lesen, das derzeit nicht in Braille-Schrift erhältlich ist?

Das Problem ist normalerweise nicht das Fehlen von Übersetzungen. Das Problem ist, dass der Preis eines Buches in Braille-Schrift normalerweise weit höher ist als das eines normalen Buches.

Hatten Sie in dieser Phase finanzielle Unterstützung?

Wir haben angefangen, die App zu Hause zu entwickeln. Noch vor dem „Imagine Cup“ hat uns ein Inkubator ein Büro zur Verfügung gestellt. Während der Entwicklung kam alles – auch das Testen – aus unseren eigenen Taschen.

Das Team präsentiert den ersten öffentlich zugänglichen Leser, den Ungarischen Verband für Blinde und Sehbehinderte (MVGYOSZ) und die Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA). Bild von Benedek Varga / GlovEye

Was war die größte Schwierigkeit, mit der Sie in der Entwicklung konfrontiert waren?

Zum Glück hatten wir keine große Schwierigkeiten. Da jedoch alle von uns jung, ehrgeizig und bildungsbeflissen sind, haben wir hohe Umsätze erzielt. Wir hatten immer Glück, wenn es darum ging, diejenigen, die uns verließen haben, mit einem anderen zu ersetzen.

Sind Sie mit der Entwicklung fertig?

Überhaupt nicht. Wir planen, es noch kleiner zu machen, damit das Gerät irgendwann nicht größer als eine Computermaus wird.  Außerdem wird eine Batterie verwendet, was noch weniger Zubehör bedeutet. Dies erfordert jedoch nicht zu viel Arbeit. Stattdessen konzentrieren wir uns darauf, einen Investor zu finden.

Foto: Péter Csákvári – Hungary Today

Ist GlovEye auch für digitale Texte geeignet?

Wir planen, diese Funktion später hinzuzufügen.

Haben Sie während der Entwicklungsphase Rivalen gehabt?

Es gibt offensichtlich Konkurrenten, aber wir müssen uns vor allem auf uns selbst konzentrieren. Es hat viele Versuche gegeben, aber jeder hatte ein anderes Problem. Zum Beispiel konnte man das Problem mit dem Zeilenschnitt nicht beheben. Wir haben es geschafft, dies durch Verwendung der Software zu lösen, da sie den Text liest und erkennt. Es gibt ein spanisches Startup, das nur digitale Dateien lesen kann, aber nicht gedruckte.

Konnte schon die Produktion des Produktes angefanfen werden? 

Derzeit produzieren wir nicht. Im Moment suchen wir nach einem Investor. Dies ist der schwierigste Teil oder zumindest schwieriger als erwartet.

Wie viel Geld brauchsen Sie? 

Ich kann keinen bestimmten Betrag sagen, aber wir würden eine Investition von über 100 Millionen Forint (etwa 315.000 Euro) benötigen, um mit der Fertigung zu beginnen.

Wenn Sie einen Investor gefunden würden, wie lange würde es dauern, bis das Gerät auch für die Öffentlichkeit verfügbar sein könnte?

Etwa ein halbes Jahr.

Wie viel würde das Gerät kosten?

Nach unseren Berechnungen liegt der Preis bei rund 100.000 Forint (315 Euro). Dies ist ziemlich gut, wenn man bedenkt, dass ein neues Braille-Display etwa 800.000 Forint (2.520 Euro) kostet.

Foto: Péter Csákvári – Hungary Today

Wenn Sie einen Investor finden, verkaufen Sie die Erfindung oder bleiben Sie dabei?

Dies hängt von der Situation und dem Angebot ab. Natürlich können wir beide Möglichkeiten nicht ausschließen.

Stimmt es, dass nur ein kleiner Teil der Blinden und Sehbehinderten Braille lesen kann?

Im Gegensatz zu sprachbasierten Lösungen stimuliert die Braille-Schrift das Gehirn ebenso wie das Lesen mit den Augen. Daher empfehlen Wissenschaftler und Experten das Lernen und Verwenden. Soweit ich weiß, können nur zehn Prozent Braille lesen. GlovEye kann auch zum Erlernen der Blindenschrift verwendet werden, so dass jeder die Freude am Lesen erleben kann.

(Via: Hungary Today, geschrieben von Ábrahám Vass, Fotos: Péter Csákvári Beitragsbild: GlovEye – Der Handschuh ist nicht erforderlich. Es ist nur wegen des Namens da.)