Die Behörde will feststellen, ob ein Verbrechen begangen wurde und wenn ja, in welcher Art.Weiterlesen
Liberale und linke Wochenzeitungen halten es für eine ausgemachte Sache, dass die Regierung zur Terrorismusbekämpfung entwickelte Spionageprogramme eingesetzt hat, um ihre Kritiker zu überwachen. Presseschau von budapost.de.
169 Óra macht sich in einem Leitartikel Gedanken über die möglichen weitreichenderen Auswirkungen des Pegasus-Skandals. Das linke Wochenmagazin bezweifelt, dass sich der Fall zu einem „ungarischen Watergate“ auswachsen werde, selbst wenn sich die Anschuldigungen als wahr erweisen sollten. Sogar falls sich nur ein Teil der Vorwürfe bewahrheiten sollte, werde die Regierung keinen Schaden nehmen, befürchten die Leitartikler. Im Gegenteil, sie könnte sogar von dem Skandal profitieren, da ihre Kritiker noch vorsichtiger agieren und Quellen oppositioneller Medien aus Furcht vor Offenlegung ihrer Anonymität keine Informationen mehr durchsickern lassen würden. 168 Óra schließt mit der Vermutung, dass nur ein weiterer Aufstand ähnlich dem von 1956 oder der 1989er Revolution helfen würde, die Hegemonie der Regierung zu brechen.
Die wichtigste Lehre aus dem Pegasus-Skandal sei, dass die Regierung abhören könne, wen immer sie wolle, notiert Áprád W. Tóta in Heti Világgazdaság. Der liberale Publizist weist darauf hin, dass die ungarischen Gesetze die Regierung grundsätzlich zur Überwachung eines jeden ermächtigen würden, den sie der Verwicklung in kriminelle Aktivitäten verdächtige. Dass die Regierung die weitreichenden Befugnisse nutze, um ihre Kritiker zu bespitzeln, ist laut Tóta selbstverständlich. Er vermutet auch, dass der Pegasus-Skandal weitreichende Auswirkungen innerhalb Europas haben und zur weiteren Isolierung der ungarischen Regierung führen werde. Um ihr Gesicht zu wahren, könnte die Regierung die mit Hilfe der Spionagesoftware gesammelt Informationen verwenden, um ihre Kritiker zu erpressen oder sie öffentlich der Verstrickung in kriminelle Machenschaften zu bezichtigen.
Der Pegasus-Skandal zeige, dass Ministerpräsident Viktor Orbán die Staatsmacht nicht zur Verteidigung der nationalen Interessen einsetze, sondern um diejenigen abzuhören und zu kontrollieren, die seine politischen und wirtschaftlichen Interessen bedrohten: unabhängige Geschäftsleute sowie Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken würden, heißt es in einem Leitartikel auf Seite eins von Magyar Narancs. Das liberale Wochenjournal glaubt, dass, sollte die Opposition bei den Parlamentswahlen 2022 nicht gewinnen, die ungarische Regierung noch mehr Ähnlichkeit mit echten Diktaturen bekommen könnte – Diktaturen, die physische Gewalt einsetzen würden, um ihre Kritiker zu unterdrücken und zum Schweigen zu bringen.
(Via: budapost.de, Titelbild: MTI/Koszticsák Szilárd)