„Die Ungarn haben es sehr geschätzt, dass jeder über eine Arbeit und eine geeignete Wohnung verfügte“ – sagte unter anderem Elke Kahr, neue Bürgermeisterin von Graz (KPÖ) über die Zeit der kommunistischen Diktatur in Ungarn im Interview der ungarischen Zeitung Blikk.
Ende September kam die überraschende Nachricht aus Graz: Bei der Gemeinderatswahl in der steirischen Landeshauptstadt kam die Kommunistische Partei (KPÖ) als Stärkste hervor, sodass diese Partei die neue Bürgermeisterin stellen konnte. Am Mittwoch hat der neu gewählte Gemeinderat Elke Kahr zur Nachfolgerin des seit 2003 amtierenden ÖVP-Bürgermeisters Siegfried Nagl gewählt. Aus diesem Anlass hat sie die ungarische Boulevardzeitung Blikk befragt.
Fact
Elke Kahr und ihre beiden Mitstreiter von der Kommunistischen Partei (KPÖ) in Graz haben im vergangenen Jahr jeweils zwei Drittel ihres Gehalts an Bedürftige gespendet. Mit 168.000 Euro wurden ihren Angaben zufolge 1577 arme Menschen unterstützt, die zum Beispiel ihre Wohnung räumen sollten oder sich nichts mehr zum Essen kaufen konnten. Diese gelebte Bürgernähe ist einer der Gründe, warum die Kommunisten in Graz zusammen mit den Grünen und der SPÖ künftig Österreichs zweitgrößte Stadt mit fast 300.000 Menschen regieren werden. Sie wollen nämlich die „spürbaren Verbesserungen der Lebensumstände“ voranzubringen. Das Bündnis aus KPÖ, Grünen und SPÖ will neue Schwerpunkte setzen. Dazu gehört die Aktion, dass jedes Kind ein Fahrrad bekommen soll. (Via:
rnd.de)
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Im Interview der ungarischen Tageszeitung Blikk erzählt die 60-Jährige, dass sie mit 22 Jahren deswegen den Kommunisten beigetreten sei, weil die KPÖ die einzige Partei ist, welche diejenigen unterstütze, für die sonst niemand kämpft. Auf die Frage, ob sie sich dessen bewusst war, was damals in den kommunistischen Ländern nur 80 km von Graz entfernt geschah, antwortete Kahr, dass sie zwar die Einschränkung der Reisefreiheit und den Mangel an Demokratie in diesen Ländern kritisiert haben, jedoch
wissen wir von Grazer Ungarn auch, wie sehr sie es geschätzt haben, dass jeder über eine Arbeit und eine geeignete Wohnung verfügte
Laut den Angaben des Grazer Ungarischen Vereins ließen sich 2000 von den über 250.000 nach Österreich und Jugoslawien geflüchteten Ungarn in Graz nieder, welche im Oktober 1956 nach der Niederschlagung der Ungarischen Revolution und der Wiederherstellung des kommunistischen Systems Ungarn verlassen hatten.
Quelle: blikk.hu grazimagyaregyesuelet.at Bild: Elke Kahr – FB