Das ungarische Parlament hat eine neue Gesetzesänderung verabschiedet, die die Definition des Wohnsitzes ändert, so dass eine Person, die in Ungarn einen neuen Wohnsitz begründet, in Zukunft nicht mehr an dieser Adresse wohnen muss.Weiterlesen
Anlässlich der Verabschiedung neuer Bestimmungen im Bereich Melderecht durch das Parlament wirft eine prominente linke Kommentatorin der Regierung vor, sie versuche eine Ausweitung ihrer Wählerklientel, indem sie Auslandsungarn noch mehr Abstimmungsrechte einräume. Die führende regierungsnahe Tageszeitung beschuldigt die Opposition im Gegenzug, die jenseits der Landesgrenzenden lebenden Magyaren einmal mehr als Schreckgespenst zu stilisieren. Presseschau von budapost.de.
Anfang November hat das Parlament Modifizierungen des Melderegistergesetzes verabschiedet. Gemäß der Neuregelung kann sich jeder – mit Zustimmung des Eigentümers – an einer beliebigen Adresse dauerhaft registrieren lassen, auch wenn er oder sie dort nicht seinen/ihren gewöhnlichen Wohnsitz hat. Dagegen reichte die Opposition bei der Kurie, der höchsten ungarischen Gerichtsinstanz, Beschwerde ein. Darin behauptet sie, dass die neuen Vorschriften es Auslandsungarn ermöglichen würden, bei kommenden Urnengängen als vollwertige Wähler aufzutreten. Laut Gesetz können Auslandsungarn ohne ständigen Wohnsitz hierzulande nur über Parteilisten, nicht aber über die Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen abstimmen. Die Opposition befürchtet nun, dass Personen, die nur über einen formalen Wohnsitz in den umstrittenen Wahlbezirken verfügen würden, die Wahl entscheiden könnten. Die Regierung macht dagegen geltend, dass die Änderungen den Verwaltungsaufwand für die Ungarn verringern sollten und nichts mit dem Wahlgesetz zu tun hätten.
Ildikó Lendvai äußert die Vermutung, dass die Regierung durch die Vereinfachung der Anforderungen hinsichtlich des ständigen Wohnsitzes an der Wahl herumpfuschen wolle. Der Fidesz werde seine Wähler strategisch günstig in Bezirke verlagern, in denen ein knappes Rennen zu erwarten sei, so die ehemalige MSZP-Vorsitzende in der Tageszeitung Népszava. Dort würden dann auch Magyaren von jenseits der Landesgrenzen registriert. Lendvai hält die Behauptung der Regierung für absurd und anmaßend, wonach die neuen Bestimmungen für den ständigen Aufenthalt lediglich dem Bürokratieabbau dienten.
Die linken und liberalen Oppositionsparteien hätten sich entschieden gegen die Einbürgerung und die Gewährung des Stimmrechts für Auslandsungarn ausgesprochen, erinnern Károly Pósa und Áron Ternovácz von Magyar Nemzet. Die regierungsfreundlichen Kolumnisten räumen ein, dass der Spitzenkandidat der Opposition, Péter Márki-Zay, sowie Momentum-Politiker versucht hätten, jenseits der Grenzen Ungarns lebende Wählergruppen zu erreichen. Die Demokratische Koalition und Párbeszéd hingegen lehnten ein Wahlrecht für Gebietsfremde nach wie vor kategorisch ab. Vor diesem Hintergrund ist es für Pósa und Ternovácz nicht verwunderlich, dass die Auslandsungarn von den Oppositionsparteien nicht gerade begeistert seien.
(Via: budapost.de, Titelbild: MTI/Kovács Tamás)