Die Regierung wird einen Vorschlag vorlegen, der darauf abzielt, Entschädigungszahlungen an Gefangene auszusetzen, die den Staat wegen schlechter Haftbedingungen verklagen – bestätigte Justizministerin Judit Varga. Laut Kritiker soll der Regierungsbeschluss „ein weiterer kräftiger Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz.“
Der Vorschlag, der darauf abzielt, die „unfaire Praxis“ zu beenden, werde noch heute vorgelegt und vom Parlament in einem beschleunigten Verfahren erörtert.
Die Zahlungen werden ausgesetzt, während die Regeln für die Entschädigung für schlechte Haftbedingungen geändert werden. Die Ministerin fügte hinzu, dass ein breiter öffentlicher Konsens in dieser Angelegenheit erforderlich sei. Auf der Grundlage der Ergebnisse einer laufenden nationalen Umfrage werden geeignete neue Rechtsvorschriften ausgearbeitet, sagte sie.
Bisher haben 12.680 Gerichtsurteile den Klägern 9 Milliarden Forint (27 Millionen Euro) zugesprochen, und 10 Prozent dieser Summe wurden ausgezahlt, stellte sie fest. Neue Regeln sollen die Rechte der Beschwerdeführer, Opfer und ihrer Familien in den Vordergrund rücken, sagte Varga und fügte hinzu, dass die Entschädigung künftig direkt an die Kläger und nicht an ihre Anwälte gezahlt werde.
Presseschau von budapost: Regierung setzt Entschädigungszahlungen für Häftlinge aus
Varga sagte, die Regierung arbeite daran, die Haftbedingungen zu verbessern und Überfüllung zu beseitigen.
Bereits im kommenden Monat möchte die Regierung eine nationale Konsultation starten, dies hat auch Viktor Orbán in seiner „Rede zur Lage der Nation“ angekündigt. Das Kabinett will die Meinung der Ungarn zu angeblichen Kompetenzüberschreitungen der dritten Gewalt einholen. Dabei handelt es sich nicht nur um Entschädigungen an Strafgefangenen, sondern um Zahlungen an eine Gruppe Roma aus der Stadt Gyöngyöspata.
Die sogenannten Volkskonsultationen, bei denen entsprechende Fragebögen an alle Haushalte verschickt werden und die rechtlich nicht bindend sind, finden seit 2015 statt.