In einer ersten Analyse des Urteils meint eine Rechtsexpertin, der Europäische Gerichtshof habe sich mit dem Urteil, wonach die Hochschulgesetzesnovelle des Jahres 2017 europäischem Recht widerspreche, von seiner eigenen Tradition verabschiedet.
Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärt, dass das ungarische Parlament mit der Verabschiedung des neuen Hochschulgesetzes gegen Regeln der Welthandelsorganisation verstoßen habe. In der Novelle wird vorgeschrieben, dass ausländische Universitätsabschlüsse in Ungarn nur von Universitäten mit in ihren Herkunftsländern aktiven Mutterinstituten sowie unter der Maßgabe einer Vereinbarung zwischen Ungarn und dem Herkunftsland der fraglichen Universität vergeben werden dürfen. Die Richter am EuGH urteilten darüber hinaus, dass das ungarische Gesetz gegen den Grundsatz der akademischen Freiheit verstoße. George Soros, Gründer der Central European University, reagierte mit der Bemerkung, das Urteil komme zu spät, da die CEU bereits den größten Teil ihrer Tätigkeit nach Wien verlegt habe. Das Gericht forderte Ungarn auf, die als europarechtswidrig erachteten Bestimmungen für ungültig zu erklären. In einer ersten Reaktion sagte Justizministerin Judit Varga, das Urteil werde „wie immer in Übereinstimmung mit den Interessen des ungarischen Volkes umgesetzt“. (Zum Thema CEU siehe BudaPost in den Jahren 2017 bis 2019).
Bea Bakó ergreift im Streit um die Gesetzesnovelle keine Partei. Auf Azonnali merkt sie aber an, dass der Europäische Gerichtshof normalerweise nicht für Probleme zuständig sei, die eine amerikanische Universität beträfen. Auch habe er sich bisher nicht in Streitigkeiten über Angelegenheiten der Welthandelsorganisation eingemischt und entsprechende Klagen amerikanischer Maisproduzenten unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die WTO über ein eigenes gewähltes Schlichtungssystem verfüge.
Zur Frage der akademischen Freiheit schreibt Bakó: Die Einhaltung der Grundrechte sei ursprünglich nur dann vom Gericht überprüft worden, wenn die Mitgliedsstaaten EU-Verordnungen in nationales Recht überführt hätten. Allerdings habe das Gericht seine Zuständigkeit in diesem Bereich allmählich ausgeweitet, wobei das Urteil vom Dienstag zu Ungarn einen weiteren Schritt auf diesem Weg darstelle.
Die im ungarischen Volksmund „Lex CEU“ genannte Novelle könnte nunmehr einfacher vom ungarischen Verfassungsgericht abgeschafft werden, das nach eigenem Bekunden auf das Urteil des EuGH gewartet habe. Das Verfassungsgericht könnte die Gesetzesneufassung des Jahres 2017 sowieso problemlos streichen, da die Central European University bereits nach Wien abgewandert sei, notiert Bakó abschließend.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI)