Laut Einschätzung einer linksorientierten Kommentatorin hat Marine Le Pen versucht, ihre Partei von ihrem schlechten Image als antidemokratische Kraft zu befreien, während sich hingegen Ministerpräsident Viktor Orbán nach seinem Austritt aus der Europäischen Volkspartei auf der Suche nach neuen Verbündeten befinde. Ein regierungsfreundlicher Kolumnist weist den Vorwurf eines sozialistischen Europaabgeordneten zurück, wonach sich Orbán mit einer nicht gesellschaftsfähigen Politikerin verbünde.
Der ungarische Ministerpräsident hat am Dienstag die Vorsitzende der französischen Rassemblement National (früher Nationale Front) empfangen. Bis dahin hatte Orbán auf Kontakte mit ihr verzichtet, um die Beziehungen zu seinen traditionellen Verbündeten, den Republikanern (der früheren gaullistischen Partei), nicht zu gefährden. Beide kritisierten Tendenzen innerhalb der Europäischen Union, sie in einen Bundesstaat umzuwandeln. Orbán erklärte, dass der Fidesz nach seinem Austritt aus der Volkspartei nunmehr „allein“ sei und ein neues konservatives Bündnis in Europa aufbauen wolle.
Mária Gál räumt ein, dass es Le Pen gelungen sei, das Image ihrer Partei als antisemitische und rassistische Organisation abzuschütteln. Dennoch werde die Nationale Sammlungsbewegung nach wie vor als außerhalb des Mainstream-Konsenses stehend betrachtet, notiert Gál in Népszava. Sowohl Orbán als auch Le Pen wollten ein neues Europa aufbauen, das sich „grundlegend von allem unterscheidet, wofür die Europäische Union steht“. Kurzfristig sei es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass der Ungar und die Französin die zwei in Konkurrenz zueinander stehenden rechtsorientierten Fraktionen im Europäischen Parlament zusammenführen könnten. Die beiden italienischen Rechtsaußen Matteo Salvini und Giorgia Meloni – daheim sowohl Rivalen als auch Verbündete – seien auf europäischer Ebene Konkurrenten: So gehöre er der einen, sie hingegen der anderen Fraktion an. Die linksorientierte Kommentatorin konstatiert, dass Orbán zu beiden ein gutes Verhältnis unterhalte und Meloni in naher Zukunft treffen werde.
Related article
Orbán: Ideologische Druckausübung in der EU hat ihren Höhepunkt erreichtDie ideologische Druckausübung hat in der Europäischen Union ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht – erklärte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Dienstag in Budapest in seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit Marine Le Pen, der Vorsitzenden der französischen Partei Rassemblement National.Weiterlesen
In der Tageszeitung Magyar Nemzet wettert Tamás Pilhál gegen den sozialistischen Europaabgeordneten István Ujhelyi. (Der MSZP-Politiker hatte Ministerpräsident Orbán vorgeworfen, er gefährde durch ein mögliches Zusammengehen mit Le Pen die nationale Sicherheit. Ujhely sieht in ihr eine eingeschworene Feindin der Europäischen Union, die sie zu zerstören trachte – Anm. d. Red.)
Pilhál erwidert, dass Le Pen in Frankreich einer demokratisch gewählten Parlamentspartei vorstehe, die über ein Vielfaches mehr an Wählern verfüge als die sozialistische Partei des Landes. Der regierungsfreundliche Kommentator zitiert aus der Anmerkung eines Zeitungslesers: Demnach solle sich Ujhelyi besser darum kümmern, die Lichter in der sozialistischen Parteizentrale an jenem nicht allzu fernen Tage auszuknipsen, an dem die MSZP aufhören werde zu existieren.
(Via: budapost.de, Bild: Zoltán Fischer/MTI)