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Der ungarische Premierminister Viktor Orbán, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel (l-r)

Bundeskanzler Olaf Scholz lud am Montagabend zu einem Arbeitsessen in Berlin ein und folgte damit einem Vorschlag des Präsidenten des Europäischen Rates. Nach dem Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft Anfang Oktober bat Charles Michel die europäischen Staats- und Regierungschefs, die Diskussion über die Zukunft der EU in kleinen Gruppen in den europäischen Hauptstädten fortzusetzen, berichtet Mandiner.

Der ungarische Premierminister, Viktor Orbán war in einer „kleinen Gruppe“ mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis, dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer, dem belgischen Ministerpräsidenten Alexander De Croo, dem litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda und dem zypriotischen Ministerpräsidenten Nikos Christodoulidis. Die Kombination ist kein Zufall: Neben dem ungarischen Ministerpräsidenten haben auch die Belgier, Griechen und Zyprioten versucht, bestimmte Sanktionen gegen Russland aus verschiedenen Gründen einzuschränken, und die Politik der litauischen christdemokratischen Regierung ist manchmal vom europäischen Mainstream abgewichen.

Kyriakos Mitsotakis, Alexander De Croo, Nikos Christodoulidis, Charles Michel, Olaf Scholz, Gitanas Nausėda, Viktor Orbán, Karl Nehammer und Thérése Blanchet, Generalsekretärin des Europäischen Rates (l-r) (Foto: Zoltán Fischer/Pressebüro des Ministerpräsidenten/MTI)

Für Österreich geht es vor allem um „einen Paradigmenwechsel im Bereich der Migration“, so das österreichische Bundeskanzleramt im Vorfeld des Treffens. Karl Nehammer betonte, dass das europäische Asylsystem „kaputt“ sei und dass „wir es uns nicht leisten können, die Kontrolle zu verlieren, denn der Schutz der Außengrenzen ist eine Frage der Sicherheit für die gesamte EU“. Daher schlägt er vor, dass die EU mit Drittländern zusammenarbeiten sollte, um sicherzustellen, dass illegale Migranten nicht nach Europa ausreisen.

Karl Nehammer gab auch eine klare Richtung für die europäische Erweiterungspolitik vor. Ihm zufolge ist „ein ehrlicher Ansatz für die Erweiterung erforderlich, bei dem alle potenziellen Kandidaten gleich behandelt werden“. Mit Blick auf die Ukraine sagte er, dass „bestimmte Kandidaten nicht überstürzt aufgenommen werden sollten“. Der Kanzler wies auch darauf hin, dass Österreich den Beitritt der westlichen Balkanländer unterstützt.

Diese Positionen decken sich mit jenen der ungarischen Regierung in den Bereichen Migration, Wettbewerbsfähigkeit und Erweiterungspolitik.

Nächstes Jahr wird es in Europa einen „Regierungswechsel“ geben: Im Sommer finden Wahlen zum Europäischen Parlament statt, eine neue Europäische Kommission wird – unter der ungarischen Ratspräsidentschaft – von den Mitgliedstaaten gebildet, und die Planung des Siebenjahreshaushalts nach 2027 wird langsam beginnen. Eine Reihe von Fragen über den wünschenswerten Grad der europäischen Integration, ob und wie die Europäische Union erweitert werden sollte, werden daher aktuell.

Das Magazin Stern zitiert das deutsche Bundeskanzleramt mit den Worten: „Ziel sei es, nicht nur EU-Regierungschefs zusammenzubringen, die ohnehin dieselbe Meinung hätten“. Dies ist nicht nur eine Anspielung auf Viktor Orbán: Die Gruppe, die sich am Montag in Berlin traf, hat aus verschiedenen Gründen andere Vorstellungen von der Zukunft Europas als der Mainstream.

Es ist ein beruhigendes Zeichen, dass die führenden europäischen Mächte nun versuchen, abweichende Meinungen in den Reformprozess der EU einzubringen, anstatt die Minderheit zu isolieren.

„In den Gesprächsrunden soll geklärt werden, wo die 27 EU-Regierungen die Prioritäten der EU-Politik in den kommenden Jahren sehen und wie sich die Erweiterung etwa auf die Förderpolitik und das Verhältnis von Geber- und Nehmerländern in der Union auswirkt. Dabei sei wichtig, nicht nur über Ausgaben, sondern auch Einnahmen der EU zu reden“, wird Charles Michel, der sich dabei auf die Idee einer möglichen gemeinsamen EU-Steuer bezieht, von Stern zitiert.

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via mandiner.hu, Beitragsbild: Zoltán Fischer/Pressebüro des Ministerpräsidenten/MTI