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Der Kampf einer südungarischen Stadt um Selbstbestimmung

Ferenc Rieger 2022.08.23.

An die Zeit der serbischen Besatzung von Fünfkirchen (Pécs) zwischen 1918 und 1921 erinnern Fotos, Anzeigen, Pressematerialien und Plakate sowie begleitende Texte von Fachleuten in einer Tafelausstellung im Gebäude des örtlichen Csontváry-Museums, die ab Dienstag für die Öffentlichkeit zugänglich ist, teilte das Janus-Pannonius-Museum (JPM) der MTI mit.

Die Ausstellung mit dem Titel „Die serbische Besatzung in Fünfkirchen 1918-1921“ wird bis Ende des Jahres zu sehen sein. Die Besucher können sich mit Hilfe der Tafeln über die damalige Zeit und die wichtigsten historischen Ereignisse informieren, heißt es in einer Erklärung der Einrichtung.

Auf sieben Tafeln können sich die Besucher über die Geschichte der Besatzung informieren, während fünf Tafeln Informationen zu verwandten Themen wie Notfonds, Warenknappheit und Arbeitslosigkeit oder die Presse in Fünfkirchen während der Besatzung bieten.

Gemäß dem Belgrader Waffenstillstandsabkommen vom 13. November 1918 wurde der südliche Teil Ungarns bis zur Linie Bartsch (Barcs)-Inselburg (Szigetvár)-Fünfkirchen (Pécs)-Frankenstadt (Baja)-Kisszállás von den Serben besetzt. Das zu 85% von ethnischen Ungarn und Deutschen bewohnte Komitat Branau befand sich zum größten Teil unterhalb dieser Demarkationslinie.

Im Sinne  des Belgrader Abkommens blieb die Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten in den Händen der ungarischen Behörden, aber die Besatzer wollten bald auch die Kontrolle über das zivile Leben übernehmen.

Die Besatzer verletzten das Waffenstillstandsabkommen,  entwendeten Vorräte aus öffentlichen Lagern und Privateigentum, schränkten den Eisenbahnverkehr ein, behinderten die Verteilung der Kohlereserven und verletzten die Demarkationslinie.

Am 25. November erklärte eine vom serbischen Nationalrat in Neusatz (Novi Sad) einberufene Volksversammlung, die den Willen der Bevölkerung von Branau, Batschka und Banat zum Ausdruck bringen sollte, dass diese Gebiete „sowohl in staatsrechtlicher als auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht als von Ungarn abgetrennt erklärt werden“.

Am 3. Dezember hielt der Stadtrat von Pécs eine außerordentliche Vollversammlung ab, auf der der Bürgermeister die vom ungarischen Nationalrat verfasste „Gegenerklärung“ vorstellte.  In den darauf folgenden Tagen wurden parallel zur Bewegung in Fünfkirchen in 309 Gemeinden des Komitats Branau ähnliche Erklärungen abgegeben. Statt einer Antwort schickte der serbische Stadtkommandant die Militärpolizei. Seiner Meinung nach war dieses Dokument geeignet, die Bevölkerung zu verunsichern und indirekt den Interessen der Entente-Truppen zu schaden, weshalb er die Initiatoren der Bewegung, u.a. Emmerich Hamerli, einen Handschuhfabrikanten, Julius Fürst jun., einen Transportunternehmer und Anton Oberhammer, den Obergespann verhaften ließ.

Als Abschluss dieser Eskalation ernannte die serbische Regierung der besetzten südungarischen Gebiete einen eigenen Regierungskommissar. Im Zuge des Tauziehens zwischen der ungarischen Stadtverwaltung und der serbischen Besatzungsmacht kam es zu mehreren Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung.

Obwohl die örtlichen Nationalräte mit ihrer Volksentscheidung nichts bewirken konnten, ebneten sie doch den Weg für die nächste große Protestbewegung gegen die serbische Besatzung im Februar und März 1919, die als „Großer Streik“ in die Geschichte einging.

Die Okkupation, die fast drei Jahre dauerte, endete am 22. August 1921, als die Ungarische Nationalarmee Fünfkirchen zurückeroberte.

Die Ausstellung wird durch eine Online-Datenbank unter szerbmegszallas.hu ergänzt, die die Geschichte der serbischen Besatzung anhand von Quellenmaterial aus drei öffentlichen Sammlungen darstellt.

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Die Entscheidung wurde von der Stadtverwaltung von Pécs unter Einbeziehung der Bevölkerung der Stadt getroffen.Weiterlesen

Beitragsbild: Volksversammlung in Fünfkirchen, JPM Facebook