Er werde den Erfolg der Europäischen Volkspartei anstreben – betonte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag in einem Interview mit der deutschen „Bild“ Zeitung. „Ich möchte, dass die EVP die Wahlen zum Europäischen Parlament gewinnt, aber danach wird es eine Debatte über die Richtung geben, in die sie geht“, sagte er dem Papier.
„Die EVP betrachte ich immer noch als meine „politische Heimat“
Der ungarische Premier sieht die Europäische Volkspartei (EVP) weiterhin als seine politische Heimat an, hält sich ein neues Bündnis nach der Europawahl aber offen. Welchem Bündnis die regierende Fidesz-Partei sich im EU-Parlament künftig anschließe, „hängt von der EVP ab“, sagte Orbán zur „Bild“.
Ich tue alles für den Erfolg der Volkspartei und will, dass die EVP die Wahl zum Europaparlament gewinnt. Aber danach steht uns eine schmerzhafte Richtungsdebatte bevor.
Der Ministerpräsident warnte die EVP davor, sich mit dem linken Flügel zusammenzuschließen. Er sagte, sie plante einen „europäischen Sozialismus“, dessen Preis von Deutschen und Mitteleuropäern bezahlt würde.
Er sagte, dass in Italien Matteo Salvini, der Innenminister, der die Liga-Partei leitet, „einen guten Job macht“. Nach der Wahl sollten alle Optionen für ein Bündnis mit ihm auf dem Tisch liegen, fügte er hinzu.
Er beschuldigte die skandinavischen und Benelux-Mitglieder der EVP, seine Partei Fidesz aus der EVP auszuschließen, und sagte, ihre Führer seien zu schwach, um dies abzulehnen.
Kritik übte Orbán am deutschen EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU). Dieser sei „als Kandidat unhaltbar“, weil er erklärt habe, dass er nicht mit den Stimmen der Ungarn EU-Kommissionspräsident werden wolle. Dies sei eine „Beleidigung des ungarischen Volkes“.
Weber: „Es trifft mich nicht, dass Viktor Orbán mir die Unterstützung entzogen hat“
„Strache hat das Vertrauen der Menschen verloren“
„Das, was Strache gesagt hat, ist inakzeptabel“ – sagte Orbán der „Bild“-Zeitung über die Affäre von dem FPÖ-Chef.
Das Wichtigste für einen Politiker ist das Vertrauen der Menschen. Strache war ein Kämpfer in eigener Sache, aber er hat das Vertrauen der Menschen verloren.
Generell wolle er sich aber nicht in die österreichische Innenpolitik einmischen, „das müssen die österreichischen Wähler entscheiden“.
„Es gibt einen Gegenwind in der ungarischen Presse“
In der Zwischenzeit sei Ungarns Wirtschaft um mehr als 5 Prozent pro Jahr gewachsen, habe ein wettbewerbsfähiges Steuersystem und nähere sich der Vollbeschäftigung, doch seien weitere Investitionen – auch aus Deutschland – erforderlich.
Zum Thema Pressefreiheit sagte Orbán, er sei von allen Seiten in den Medien heftig kritisiert.
Es wäre gut, wenn ich in den ungarischen Medien einen „Rückenwind“ hätte, doch muss ich jetzt in einem Gegenwind arbeiten.
In Bezug auf internationale Angelegenheiten sagte Orbán, dass Ungarn immer gelitten habe, wenn es zu einem Konflikt zwischen Russland und dem Westen gekommen sei. „Also muss ein Gleichgewicht gefunden werden.“ In Bezug auf Verteidigung und Sicherheit muss Stärke gezeigt werden, während die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen sollte, fügte er hinzu.
Orbán wies auf seine jüngsten Gespräche mit Donald Trump im Weißen Haus hin und sagte, die Regierung des US-Präsidenten sei mit „Ungerechtigkeit“ konfrontiert, da keiner ihrer Erfolge anerkannt worden sei.
Wir sind Verwandte in der Ungerechtigkeit: Seine Erfolge werden nicht anerkannt und meine auch nicht. Noch ein Unterschied zu Brüssel und Europa: Donald Trump spricht eine einfache und verständliche Sprache und nicht dieses Euro-Kauderwelsch. Amerika und Ungarn sind natürlich andere Gewichtsklassen, aber wir sind beide erfolgreich in der eigenen Liga. Die US-Wirtschaft entwickelt sich besser als vorher, beim Thema Einwanderung gibt es ebenfalls tiefe Übereinstimmung und wir setzen uns beide dafür ein, dass Israel fair behandelt wird.
Donald Trump: „Orbán hat einen großartigen Job geleistet und wird in ganz Europa respektiert“
In Bezug auf die ungarische Kampagne gegen den US-Investor ungarisch-jüdischer Abstammung Georg Soros, sagte der Premier:
Unser Streit mit Soros hat nichts mit Antisemitismus zu tun. Wir haben ein Problem mit dem Kasinokapitalismus, mit unüberschaubar finanzierten und politischen Interessen dienenden NGOs, und mit Spekulanten.
Orbán fügte hinzu: In Ungarn gebe es eine Nulltoleranz gegenüber Antisemitismus. Das wird auch von Ministerpräsident Netanjahu anerkannt – erinnerte der Premier. „Die jüdische Gemeinschaft lebt hier vielleicht am sichersten in ganz Europa.“
„Dass Frau Merkel geht, glaube ich erst, wenn ich es sehe“
Auf die Frage, wie die EU in der Zeit nach Merkel aussehen wird, sagte Orbán: Angela Merkel hinterlässt ein großes Vakuum in Europa. Seit sie sich zum Teilrückzug entschlossen hat, wird Europa überhaupt nicht mehr geführt. Europa braucht einen starken deutschen Kanzler mit klaren, festen Vorstellungen – so Orbán. „Angela Merkel ist noch nicht gegangen, aber sie fehlt jetzt schon.“
Der Ministerpräsident bestand darauf, dass die deutsch-französische Achse nicht mehr existiere. Orbán betonte:
Frankreich, Deutschland und die Visegrad-Staaten – so sieht die neue Geometrie Europas aus.
Laut des Premiers werde es noch der Moment kommen, in dem Deutschland für sich erkennt, dass es auch zu dieser mitteleuropäischen Gruppe dazugehört. „Das wird die europäische Politik ändern.“ – so Orbán.
(Via: mti.hu, standard.at, miniszterelnok.hu, Beitragsbild: MTI)