Die von der Europäischen Union erwarteten 800 Milliarden Forint werden für die Erhöhung des Durchschnittsgehalts der Lehrer verwendet.Weiterlesen
Am vergangenen Wochenende öffnete der Sándor-Palast, in dem sich das Büro des Präsidenten der Republik befindet, anlässlich des ersten Jahrestages des Amtsantritts von Präsidentin Katalin Novák seine Türen für die Öffentlichkeit. Am Sonntag besuchte Katalin Novák selbst den Ort, wo sie sich auch mit Demonstranten traf und mit ihnen sprach.
In der Menge, die auf den Einlass in den Sándor-Palast wartete, befanden sich neben den regelmäßigen Teilnehmern der Lehrerproteste auch Schüler der Egységes Diákfront (Vereinigte Schülerfront), darunter die 18-jährige Lili Pankotai, die zur führenden Figur der Proteste wurde. Sie wollten den Tag der offenen Tür nutzen, um zum Büro der Staatspräsidentin zu gehen und gegen das Statusgesetz für Lehrer zu protestieren.
Unerwartet tauchte Katalin Novák vor Ort auf, ging zu den Demonstranten und hörte sich ihre Meinung und Anliegen an.
Als sie über die Situation der Lehrer sprach, stimmte sie zu, dass die Gehälter der Lehrer niedrig seien und unabhängig von der EU-Finanzierung erhöht werden müssten.
„Ich habe das schon früher gesagt und bin immer noch dieser Meinung“, fügte sie hinzu. Insgesamt beantwortete die Präsidentin die teilweise leidenschaftlichen Fragen der Demonstranten ruhig, was man von den Demonstranten jedoch nicht behaupten kann.
Ein von Telex erstelltes Video des Gesprächs zwischen den beiden Parteien zeigt deutlich, dass die protestierenden Lehrer zwar in der Lage waren, die Präsidentin mit einem gewissen Maß an Respekt anzusprechen, dies aber bei den jungen Schülern nicht der Fall war. Oft vielen die Schüler der Präsidentin ins Wort und ließen sie nicht aussprechen. Als eine Lehrerin eine Frage an Katalin Novák stellte, schaltete sich Lili Pankotai, die für ihre Obszönitäten während früherer Proteste berüchtigt ist, ein und stellte ihre eigene politisch motivierte Frage.
Die Demonstranten erklärten, dass sie das Statusgesetz nicht für notwendig hielten, und fügten hinzu, dass die Bildung nicht durch Vergeltungsmaßnahmen vorangebracht würde. Sie sagten, sie wollten, dass diese Fragen am Verhandlungstisch und nicht auf der Straße diskutiert werden. In diesem Zusammenhang erklärte eine der anwesenden Lehrerinnen, die ihren Lehrerberuf bereits gekündigt hatte, der Präsidentin, dass diese Lösung, auf der Straße zu reden, propagandistisch sei. Die Bereitschaft Katalin Nováks, mit den Demonstrierenden zu reden, bezeichnete die Lehrerin als herablassend.
Katalin Novák entgegnete darauf, dass sie akzeptiere, wenn die Lehrerin die Regierung nicht möge oder nicht mit der Regierung oder mit ihr als Präsidentin einverstanden sei. Sie kämen aber nicht weiter, wenn sie sich gegenseitig beleidigten.
Die Präsidentin fügte hinzu, dass sie es als Beleidigung empfinde, wenn man ihre Bereitschaft zur Diskussion als herablassend bezeichne, während sie die Demonstranten mit größtem Respekt behandle. Katalin Novák bezeichnete die Forderung der Anwesenden als propagandistisch, sie solle das Statusgesetz nicht unterzeichnen, und sagte, es sei unseriös, wenn die Demonstranten hier und jetzt irgendwelche Zusagen erwarteten.
Am Ende der kurzen Versammlung beschwerten sich Mitglieder der Studentenbewegung, dass Katalin Novák immer noch nicht versprochen habe, das Statusgesetz nicht zu unterzeichnen.
Die Studenten scheinen sich jedoch zu irren, denn ein Staatsoberhaupt ist nicht verpflichtet, Schülern, die auf ihren Schulbänken sitzen, ein Versprechen zu geben. Das ist einer der Gründe, warum diese Demonstrationen und Kundgebungen im Namen der Schüler und Lehrer nicht ernst genommen werden können, da es ihnen u.a. grundsätzlich an jeglichem Respekt gegenüber den Staatsführern fehlt. Wie die Präsidentin sagte, kann man die Regierung nicht mögen, aber das ist eine ganz andere Sache. Grundsätzlich sollte allen Respekt entgegengebracht werden, vor allem, wenn die eine Seite ein Schüler ist und die andere ein 30 Jahre älteres, erwachsenes Staatsoberhaupt.
Die Lehrerproteste in Ungarn dauern nun schon mehr als ein Jahr an, und in der letzten Zeit haben sich die Demonstrationen stark politisiert. Darüber hinaus sind die Demonstrationen und ihre Forderungen schwer zu verfolgen, da sie sich ständig ändern und zunehmend regierungsfeindliche Elemente enthalten. Es wäre sinnvoller gewesen, wenn sich die Lehrer und ihre Gewerkschaften in der ersten Runde auf maximal drei Forderungen geeinigt und versucht hätten, diese zu erfüllen. Es ist jedoch keine Lösung, die Forderungen immer weiter zu erhöhen, denn das macht die ganze Bewegung unüberschaubar und etwas unseriös.
Gleichzeitig haben sich immer mehr Studenten den Protesten angeschlossen, zuletzt am Karmeliterkloster, wo sich das Büro von Ministerpräsident Viktor Orbán befindet, gleich neben dem Sándor-Palast.
Im Mittelpunkt der jüngsten Demonstrationen steht das viel diskutierte Statusgesetz, das die Regierung Anfang März veröffentlicht hat und das die Arbeitsrechte der Beschäftigten im öffentlichen Bildungswesen sowie die Funktionsweise von Gewerkschaften und Bildungseinrichtungen radikal umgestalten würde. Der Entwurf enthält Elemente wie die Möglichkeit, das Schuljahr bis zum Hochsommer zu verlängern, die Möglichkeit, den Stundenplan während des Jahres zu ändern, und die Möglichkeit, bis zu zwölf Stunden pro Tag zu arbeiten, mit einigen Ausnahmen, aber mit einer Erhöhung des Grundurlaubs. Das Statusgesetz hat bei den Lehrern starken Widerstand hervorgerufen, und seit seiner Veröffentlichung hat die Regierung mehrere Gespräche mit den Lehrergewerkschaften geführt, aber es wurde noch keine Einigung erzielt.
Via Hungary Today – geschrieben von Barbara Bene