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Venedig-Kommission gibt Stellungnahme zum neuen ukrainischen Minderheitengesetz ab

MTI - Ungarn Heute 2023.06.14.

Ungarische Pfingstbräuche in Transkarpatien (Ukraine)

Das verfassungsrechtliche Expertengremium des Europarats, die Venedig-Kommission mit Sitz in Straßburg, ist der Ansicht, dass alle Angehörigen nationaler Minderheiten in der Ukraine das Recht auf den freien und ungehinderten Gebrauch ihrer Muttersprache im privaten und öffentlichen Bereich, in Wort und Schrift haben.

Mit dem 2019 schrittweise eingeführten Sprachgesetz, eines der strengsten und repressivsten Gesetze, die eine europäische Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg gegen einheimische Minderheiten erlassen hat, wurde der Gebrauch der Staatssprache in der öffentlichen Verwaltung, im öffentlichen Leben, in der Kultur und im Sport mit Ausnahme von privaten Gesprächen und Gottesdiensten vorgeschrieben und Quoten für den Gebrauch von Minderheitensprachen in den Massenmedien und im Bildungswesen festgelegt. Ukrainische Nationalisten haben dieses Gesetz als Freibrief für anti-ungarische Aktionen aufgefasst: Anschläge gegen Einrichtungen und Denkmäler der ungarischen Minderheit sowie Drohungen gegen politische Vertreter und engagierte Lehrpersonen der Gemeinschaft.

Die Experten der Venedig-Kommission betonten in einem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier zum ukrainischen Minderheitengesetz, dass Angehörige nationaler Minderheiten das Recht auf Selbstbestimmung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Teilhabe am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben, das Recht auf Gebrauch ihrer eigenen Sprache, das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache und das Recht auf Bewahrung ihrer kulturellen Identität haben.

Sie erklärten, dass

alle Bürger der Ukraine das Recht haben, frei zu entscheiden, ob sie einer nationalen Gemeinschaft angehören wollen oder nicht.

Ukrainische Nationalisten randalieren in einem von Ungarn bewohnten Gebiet. György Csóti Facebook

Die Teilnahme von Minderheitenangehörigen an ethnischen öffentlichen Vereinigungen dürfe kein Grund sein, ihre Rechte und Freiheiten einzuschränken, betonten sie.

Sie erklärten, dass

die staatliche Integrationspolitik auf Maßnahmen verzichten muss, die darauf abzielen, Angehörige nationaler Gemeinschaften gegen ihren Willen zu assimilieren.

„Die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Angehörigen nationaler Gemeinschaften ist verboten“, erklärten sie.

Das Büro des Ungarischen Kulturverbands in Transkarpatien (KMKSZ) in Uzhhorod (Ukraine) wurde mit einer durch ein Fenster geworfenen Handgranate in Brand gesetzt. Foto: György Csóti Facebook

Nationale Minderheiten haben das Recht, Informationen in der Sprache ihrer Gemeinschaft zu sammeln, zu speichern, zu nutzen und zu verbreiten, sei es mündlich, schriftlich oder mit anderen Mitteln.

Der Staat sollte die Erhaltung historischer Stätten und des kulturellen Erbes der nationalen Gemeinschaften unterstützen und fördern.

Die inzwischen abgesägte Turul-Statue, Symbol ungarischer Identität und Wahrzeichen der Stadt Munkatsch (Mukatschewo) . Foto: Dr. Lukács László György Facebook

Öffentliche Veranstaltungen, die von nationalen Gemeinschaften organisiert und durchgeführt werden, können in der jeweiligen Sprache abgehalten werden. Bekanntmachungen, Plakate und anderes Informationsmaterial über Veranstaltungen können in der Sprache der jeweiligen nationalen Minderheit vervielfältigt und veröffentlicht werden.

Es wurde festgestellt, dass die Sprachen nationaler Minderheiten in den Massenmedien in Übereinstimmung mit dem Gesetz verwendet werden dürfen.

Auf Antrag von Personen, die Minderheiten angehören, muss die Nothilfe in der eigenen Sprache geleistet werden, wenn sie von allen Beteiligten verstanden wird.

In Siedlungen, in denen traditionell Angehörige nationaler Minderheiten leben oder einen bedeutenden Teil der Bevölkerung ausmachen, ist die Verwendung der Sprache der nationalen Minderheiten auf den Schildern der lokalen Behörden zusätzlich zur offiziellen Staatssprache erlaubt. Das Gleiche gilt für allgemeine Bekanntmachungen, einschließlich Angeboten, Schildern, Plakaten und anderen Mitteilungen, Aufschriften und anderen veröffentlichten Informationen.

Der Staat solle die pädagogische und wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung in den Sprachen der nationalen Minderheiten fördern,

hieß es.

Die Rechte und Freiheiten von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, können erforderlichenfalls in Übereinstimmung mit dem Gesetz eingeschränkt werden, fügten sie hinzu.

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Via MTI Beitragsbild: Erzsébet Kokas