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Viele teilen Ungarns Ansichten über den EU-Beitritt der Ukraine, so ein österreichischer Politikwissenschaftler

Ungarn Heute 2024.01.12.

Im Westen herrsche immer noch eine gewisse Arroganz gegenüber den Ländern Mittel- und Osteuropas, warnte Ralph Schoellhammer am Mittwoch auf einer Veranstaltung des Matthias Corvinus Collegium (MCC) in Pécs.

In einer Diskussion über die Erweiterungspolitik der Europäischen Union wies der MCC-Gastprofessor und Lehrbeauftragte der Universität Wien darauf hin, dass die EU-Führung das Gefühl habe, sie müsse lehren, was Demokratie sei.

Dem österreichischen Politikwissenschaftler zufolge

ist das Bestreben der EU, alle Länder unter einem politischen Dach zu vereinen, nicht realisierbar, da man nicht von einer einheitlichen nationalen Struktur und Identität wie in den USA sprechen könne.

Der ehemalige Lehrbeauftragte an der Webster University in Wien erklärte, dass die nationale Identität sehr wichtig sei, aber in vielen Fällen von der EU nicht respektiert werde.

Da die EU keine gemeinsamen universellen Interessen und Werte hat, ist die Idee eines supranationalen Staates nicht realisierbar. Dennoch ist man in Westeuropa der Meinung, dass die nationale Identität aufgrund dieser Ideen in den Hintergrund gedrängt werden sollte.

Die durch die Existenz von Nationalstaaten garantierte Vielfalt und Pluralität ist wichtig,

fügte er hinzu.

In Bezug auf die Ukraine betonte Kinga Dörstelmann-Fodor, stellvertretende Direktorin des Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit, dass

die Frage der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen unter mehreren Gesichtspunkten Anlass zur Sorge gebe.

Einerseits könne ein Land, das sich im Krieg befinde, rechtlich gesehen nicht beitreten, und andererseits könne es für die Westbalkanstaaten, die seit Jahrzehnten an der Schwelle zum Beitritt stünden, demoralisierend sein, wenn ihr Anliegen wegen eines Landes, das praktisch keine EU-Kriterien erfülle, erneut auf Eis gelegt werde.

Ralph Schoellhammer fügte hinzu, dass es zwar moralische und ethische Gründe für die Aufnahme von Verhandlungen mit der Ukraine geben mag, dass es aber mehr politische, wirtschaftliche und historische Hindernisse gibt, als man zunächst denken mag.

Es gibt viel mehr Länder, die die Meinung der Ungarn teilen, als sie offen zugeben. Viele wissen, dass Ungarn Recht hat, aber es ist einfacher, hinter den Kulissen zuzustimmen, als tatsächlich für diese Ansichten einzutreten,

sagte der österreichische Experte.

Wenn sich die EU auf eine ideologiegetriebene Erweiterungspolitik zubewege, anstatt sich zu konsolidieren, werde dies zu einem weiteren spaltenden Thema führen, wie im Fall der Migration. So bestehe die Gefahr, dass wir langsam in eine Situation kommen, in der die EU zwar auf dem Papier noch existiert, in der Praxis aber jeder Mitgliedstaat seinen eigenen Weg geht.

Ralph Schoellhammer wies darauf hin, dass die EU im Vergleich zu den USA und Ostasien wirtschaftlich und technologisch stark im Nachteil sei. Die EU habe nichts erfunden, sei nicht führend in der Produktion, habe keine Ressourcen und wolle dennoch einen moralischen Kurs setzen. Wir sitzen auf einer Zeitbombe und es wäre gut, wenn wir aufwachen würden, warnte er.

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via mcc.hu, Beitragsbild: Facebook/MCC Pécs