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Will Fidesz die EVP verlassen oder will er nicht?

Ungarn Heute 2019.03.07.

„Es ist Zeit, eine neue Allianz zu schließen.“ – die Aussage erschien am Donnerstag in einem Leitartikel der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Nemzet. In dem Schreiben fügt man hinzu: „ein neuer Bund kann nur geschlossen werden, wenn der alte gebrochen ist.“ Eindeutige Botschaft – hätte man gedacht. Es ist aber gar nicht so einfach. Der Artikel löste heftige Reaktionen aus, so dass auch der ungarische Premier darauf reagierte. Viktor Orbán rufte zur „Besonnenheit“ und „Gelassenheit“ auf. Auch Kanzleramtsminister Gergely Gulyás wurde über das Thema gefragt, er unterstrich: Fidesz will aus der EVP nicht austreten. Der Minister fügte hinzu: „Die Regierungspartei betrachtet die EVP weiterhin als die beste Plattform, um eine christdemokratische Politik zu unterstützen.“ 

Mit harten Aussagen greift die regierungsnahe Tageszeitung Magyar Nemzet die Volkspartei an. In einer anonym veröffentlichten Kolumne betont der Autor: „Die Volkspartei schützt nicht mehr die Nation, das Christentum, das traditionelle Familienmodell oder jegliche europäische Tradition. Die Volkspartei dient heute nur dem „kranken Liberalismus.“

Der Liberalismus hat nun allen drei Schlüsselidentitäten des Menschen den Krieg erklärt – so die Zeitung weiter.

Liberalismus hat die religiöse und die nationale Identität der Europäer ausgerottet und will auch die geschlechtliche abschaffen.

Heute sei Europas erster Mann eine Marionette, die sich in einer moralisch und mental kritischen Lage befinde, und von György Soros beeinflusst sei – so der Autor.

„Viktor Orbán, der für Europa immer hart gekämpft hat, kann dieses Europa jetzt (…) wegen den Ultimaten eines Politikers, der das politische Erbe von Helmut Kohl den Rücken kehrt, nicht verraten.“

„Man darf nicht länger warten!“ – heißt die Schlussfolgerung des Artikels.

Ähnliche Gedanken erschienen in einem noch am Mittwoch veröffentlichten Artikel von Zsolt Bayer, ebenfalls in der regierungsnahen Magyar Nemzet. Hier bezichtigte der Journalist Joseph Daul der Lüge. Zudem verscherbele er christlich-demokratische Grundwerte. Der scharfzüngige Kolumnist vertritt die Ansicht, dass die EVP ihre konservative und christliche Grundhaltung bereits verloren habe und zur Heimstätte einer kunterbunten Truppe aus linken, anarchistischen und liberalen Parteien geworden sei. Die EVP würde sich mit einem Rauswurf des Fidesz – eines ihrer stärksten Mitglieder – nur selbst in den Fuß schießen. Sollte der Fidesz ausgeschlossen werden, dürften andere Parteien die EVP verlassen, mutmaßt Bayer und schließt spöttisch: „Dann könnten sich Daul, Weber, Juncker und Merkel endlich mit Soros und Sargentini verbünden.“ (Via budpost.de) 

Der Ministerpräsident reagiert und ruft zu „Ruhe“ auf

Mit dem Nahen der Europa-Wahlen ist das Wahlkampf-Fieber, die Ungeduld und gesteigerte Spannung verständlich, doch was heute benötigt wird, sind Besonnenheit und Gelassenheit.

so der Ministerpräsident laut der Ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Auch der Kanzleramtsminister äußerte sich in der Frage. Gergely Gulyás sagte, dass Ungarns regierender Fidesz Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP) bleiben will. Der Minister fügte hinzu: „Angriffe“ gegen Fidesz von innerhalb der EVP seien „ausschließlich von Parteien gekommen, die obligatorische Migrantenquoten unterstützt hatten“.

Gergely Gulyás Kanzleramtsminister, Foto: MTI – Lajos Soós

„Die Regierungspartei Fidesz legt großen Wert darauf, die christlichen Werte Europas zu schützen und die Migration zu stoppen und es ist viel wichtiger als die Parteidisziplin.“ – dies sagte schon Balázs Hidvéghi, Sprecher der Regierungspartei am Mittwoch.

Fidesz: Im Streit mit EVP geht es um die Migration

Während Tamás Deutsch, ein EP-Abgeordneter vom Fidesz in Bezug auf den Streit mit der EVP gleich klar gemacht hat: Orbán wird die Ultimaten von Weber nicht annehmen.

Auf einem Kontinent, der Wert auf freie Meinungsäußerung legt, sollte man zulassen, wenn jemand einige der bürokratischen Probleme in Brüssel kritisiert.

EVP-Chef stellt Ungarn-Premier ein Ultimatum

Die EVP wird am 20. März über den möglichen Ausschluss vom regierenden Fidesz entscheiden.

(Beitragsbild: MTI/EPA/AFP pool/Aris Oikonomou)