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Wird die EVP heute Deutsch ausschließen?

Ungarn Heute 2020.12.16.
FIZETŐS

Tamás Deutsch, Europaabgeordneter der regierenden Fidesz, hat einen Brief an die Mitglieder der Europäischen Volkspartei geschickt, in dem er sich für seine kritischen Bemerkungen entschuldigt und erklärt, er hatte nicht die Absicht, den EVP-Chef und die Parteifamilie zu beleidigen. Heute Abend stimmen die 187 EVP-Abgeordneten nach einem Antrag vom österreichischen Othmar Karas darüber ab, ob sie Deutsch ausschließen sollen.

Anfang dieses Monats reichte der österreichische EVP-Abgeordnete Othmar Karas einen Antrag für seine politische Gruppierung ein, Deutsch aus seiner EP-Fraktion auszuschließen. Grund dafür waren die zweimaligen Entgegnungen auf Manfred Webers Verteidigung des Rechtsstaatsmechanismus im EU-Budget: „Weber sagt, wer nichts zu verstecken habe, der habe auch nichts zu befürchten. Ich erinnere mich genau, dass die Gestapo und der ungarische Geheimdienst AVH denselben Slogan hatten.“

Am Dienstag entschuldigte sich der Ungar bei der EVP erneut. Er bestand darauf: Es sei die Einheit und Vielfalt der EVP, die sie zur stärksten europäischen Partei mache. Laut Deutsch würde die Gruppierung ohne den Fidesz schwächer.

„Um Missverständnisse zu vermeiden, nehme ich den Vergleich zurück, den ich gemacht habe. Damit es keine weiteren Spannungen innerhalb der EVP gibt“, sagte der Politiker.

Deutsch: "Der Angriff auf mich ist eigentlich ein Racheakt aus Brüssel gegen Ungarn"
Deutsch:

Fidesz-Europaabgeordneter Tamás Deutsch lehnt den Aufruf der Europäischen Volkspartei (EVP) zur Abstimmung über seinen Ausschluss heftig ab. Der österreichische EVP-Europaabgeordnete Othmar Karas forderte am Mittwoch die EVP auf, Deutsch aus der Fraktion auszuschließen. Inzwischen hat auch Donald Tusk nach dem Szájer-Skandal getweetet: er wolle die ganze Partei Fidesz  aus der Parteifamilie ausschließen. Auslöser war eine […]Weiterlesen

Laut Deutsch wollen die Regierungsparteien ihre Arbeit im EP als Mitglieder der EVP fortsetzen.

In seinem Brief wiederholte Deutsch, dass es nicht seine Absicht sei, jemanden mit seinen Kommentaren zu beleidigen.

Ich wollte niemanden verletzen, weder den Fraktionsführer noch die anderen Mitglieder der Fraktion oder die Parteifamilie im Allgemeinen

so Deutsch und fügte hinzu: „Ich ziehe meinen unglücklichen Vergleich mit der Gestapo und der kommunistischen Staatssicherheit zurück und hoffe, dass die gemeinsame Arbeit zur Verbesserung der EU fortgeführt werden kann. In der jetzigen Krise ist mehr denn je Geschlossenheit erforderlich.“

Deutsch äußerte die Hoffnung, dass die EP-Fraktion „die Spannungen abkühlen“ und weiter zusammenarbeiten könne, „um unsere gemeinsame Europäische Union in einem Moment der Krise zu verbessern, in dem Einheit mehr denn je benötigt wird“.

Der österreichische EU-Abgeordnete Othmar Karas sagte gestern in einem Interveiw der Süddeutschen Zeitung: Deutsch hat sich weder bei der Fraktion noch bei Weber entschuldigt. Im Gegenteil, er hat am 4. Dezember per Brief auf den Ausschlussantrag geantwortet und geschrieben, dass er falsch interpretiert worden sei und dem Fraktionschef keine Gestapo-Methoden unterstellt habe.“

Karas betonte, dass er schon im März 2019 dafür war, Fidesz aus der Parteifamilie rauszuwerfen.

Auch Kanzleramtsminister Gergely Gulyás reagierte am Dienstag auf den Konflikt. Gulyás sagte dem Fernsehsender atv, er sei der Meinung, dass es heute keine Abstimmung geben würde. Er fügte hinzu, er sehe in diesem Fall keine Gewinner, mehr sehe er einen Verlierer. Der Verlierer selbst ist laut Gulyás die Europäische Volkspartei.

(Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)