Armin Laschet ist durch seine Wahl zum neuen Parteivorsitzenden der CDU einen Schritt nähergekommen, Bundeskanzler zu werden, womit er auch die größte Chance hat, Angela Merkels Nachfolger zu werden. Die Frage, ob sich der Kurs der Partei in irgendeine Richtung und auf irgendeiner Weise ändern wird, ist noch offen. Das Superwahljahr in Deutschland wird auf jeden Fall auch die Politik der Europäischen Union und Ungarns beeinflussen. Das neugegründete Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium hat eine Online-Konferenz unter anderem über diese Themen abgehalten. Beim Gespräch am virtuellen runden Tisch hat man über das Verhältnis zwischen Fidesz und der Europäischen Volkspartei gesprochen, und auch die mögliche Person des zukünftigen Bundeskanzlers war ein Thema. Zsófia Nagy-Vargha, Chefredakteurin von Ungarn Heute hat Direktor Bence Bauer, Ernő Schaller-Baross, Europaabgeordneten von FIDESZ-KDNP sowie Ágoston Mráz, Leiter des Nézőpont Instituts befragt.
„Europa erlebt eine Krise, allein aus diesem Grund muss die deutsch-ungarische Zusammenarbeit vorbildlich sein“ – sagte Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts in seiner Eröffnungsrede. Er betonte auch den wechselseitigen Dialog und die Notwendigkeit, dass beide Länder voneinander lernen.
Auch der Europaabgeordnete von FIDESZ-KDNP betonte: Das Jahr 2021 wird nicht nur hinsichtlich der deutschen Innenpolitik entscheidend sein, sein Ergebnis wird ganz Europa, darunter natürlich auch Ungarn beeinflussen.“ Ernő Schaller-Baross erinnerte daran, dass Deutschland vor sechs entscheidenden Wahlen stehe, von denen die Bundestagswahl im September stattfinden wird. „Dies ist ein historisches Ereignis, da jetzt bestimmt ein Kanzler gewählt wird, der diese Position noch nie innehatte.“
Auf die Frage, ob sich die ungarischen Regierungsparteien mit Friedrich Merz, dem anderen Kandidaten für den Parteivorsitz besser verstanden hätten, antworteten die Teilnehmer des Gesprächs: Nachdem in Deutschland die berechenbare, zuverlässige, partnerschaftliche Politik aller Wahrscheinlichkeit nach fortgesetzt wird, ist die Wahl von Laschet in Hinsicht auf Ungarn eindeutig positiv. Sie erwarten von dem neuen Parteivorsitzenden eine konstruktive, partnerschaftliche Zusammenarbeit, ähnlich wie zu Merkels Zeiten.
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Fact
Das am 1. Dezember 2020 neugegründete Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium soll ein Forum für den akademischen, wissenschaftlichen und politischen Dialog zwischen Deutschland und Ungarn bieten und Entscheidungsträger wie auch junge Menschen beider Länder mit Themen, Debatten, Prozessen, Denkmustern und Ideen des jeweils anderen Landes bekanntmachen. Dabei spielen Informationsaustausch, Netzwerkbildung sowie Nachwuchs- und Begabtenförderung eine zentrale Rolle. Das Institut wird zu diesem Zwecke Publikationen und Hintergrundberichte zu ausgewählten Fragestellungen veröffentlichen, Konferenzen, Symposien und Expertengespräche organisieren wie auch deutschsprachiges akademisches Personal einladen und in die Arbeit des Instituts wie auch in das öffentliche und wissenschaftliche Leben Ungarns integrieren. Ziel ist es, mit diesem neuen Forum des deutsch-ungarischen Diskurses bestehende Kooperationen zu vertiefen und neue Ebenen des bilateralen Miteinanders zu eröffnen.
In Bezug auf die Erklärung des Europaabgeordneten Tamás Deutsch, nach dem der neugewählte CDU-Vorsitzende „der Beilegung der gefrorenen Lage“ zwischen der Volkspartei und Fidesz einen neuen Schwung verleihen könne, sagten die Teilnehmer des Gesprächs, dass ihrer Meinung nach in naher Zukunft noch keine Entscheidung über die Mitgliedschaft von Fidesz getroffen wird. Sie waren sich aber darin einig, dass es eindeutig im Interesse der Volkspartei liege, dass sie die größte Parteifamilie im Europäischen Parlament bleibt wozu aber auch Fidesz gehört. Ágoston Mráz hob auch hervor:
Das Bleiben von Fidesz in der Parteifamilie begünstige auch die deutschen Linksparteien: Wenn nämlich die ungarische Regierungspartei bleibt, dann gibt es etwas mit dem man die CDU angreifen kann. Wenn sie aber ausgeschlossen wird, dann würden die Linken ihr „Spielzeug“ verlieren.
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„Laschet, die männliche Version Angela Merkels ”
Laut Ágoston Sámuel Mráz, dem Leiter des Nézőpont Instituts ist keine große inhaltliche Veränderung innerhalb der CDU zu erwarten, wobei das Ziel von Armin Laschet eindeutig folgendes sei: „Die Verwirklichung der Zusammenführung der CDU. Es ist für ihn von großer Bedeutung, seinen Gegner Friedrich Merz zu integrieren und das konservative Lager zu beruhigen, da er, wie Merkel, eher zum gemäßigt liberalen Lager gehöre“.
Der Wahl Armin Laschets zum Parteivorsitzenden war sich nur Ernő Schaller-Baross sicher. Obwohl Ágoston Sámuel Mráz auch den Sieg von Merz für wahrscheinlich hielt, sagte er: „Die CDU ist eine bürokratische Partei, ein Verein, dessen Ziel es ist, Bundeskanzler zu wählen. Ihr Ziel ist die Machtergreifung- und Erhaltung auf einer professionellen Weise“. In dieser Hinsicht war der Sieg Laschets zu erwarten.
Bence Bauer ist auch der Auffassung, dass der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen den kompromissbereiten, pragmatischen politischen Kurs weiterverfolgen wird, die harten Aussagen meiden wird und versucht, der Polarisierung vorzubeugen. Für sein diplomatisches Verhalten ist ein gutes Beispiel, als er auf dem ersten Parteikongress nach seiner Wahl in Baden-Württemberg sagte: „Ich bin auch Friedrich-Merz-Fan“. Laut Bauer war dies taktisch betrachtet eine wichtige Aussage, damit er auf diese Weise auch die enttäuschten Merz-Wähler ansprechen kann.
Die Landtagswahlen können auch Laschet einen neuen Schwung verleihen. Wenn es der CDU gelingt, gute Ergebnisse zu erzielen, dann kann das die Stimmung des Wahljahrs bestimmen
so Bauer. Bei der Wahl am 14. März in Baden-Württemberg „könne sowohl die Partei als auch Laschet ihre Positionen verstärken und das politische Terrain beherrschen.“ In Rheinland-Pfalz ist die CDU in der Opposition, erinnerte der Direktor und fügte hinzu, dass „eine kleine Veränderung der Wahlergebnisse von 2017 schon ein tolles Ergebnis wäre, also hat Laschet in diesen Bundesländern eher nichts zu verlieren“ so Bauer.
„Wenn die CDU gewinnt oder ein gutes Ergebnis erzielt, dann kann auch die K-Frage noch eindeutiger werden“ – fügte Ágoston Mráz hinzu. Mráz erinnerte: Die Modifizierung des Wahlgesetzes über die Verschiebung der Überhangmandate im November, welche nur die Regierungsparteien unterstützen, kann auch der CDU in die Hände spielen, könnte aber auch hinsichtlich des Endergebnisses von entscheidender Bedeutung sein. Darüber hinaus kann es die weitere Entwicklung der Koalition beeinflussen.
K-Frage?!
Nach der Meinung aller drei Teilnehmer hat Armin Laschet die größte Chance, Bundeskanzler zu werden, während die Zeit des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder noch nicht gekommen ist. Für Laschet spricht auch, dass er mehr Erfahrung in der Politik gesammelt hat, noch dazu ist er Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, des Motors der deutschen Wirtschaft. Es ist auch in Bezug auf Ungarn wichtig, da dieses Bundesland der größte Investor in Ungarn ist.
(Bild: MTI/AP pool/Michael Sohn)